Wir haben längere Zeit im Internet und bei verschiedenen Händlern in der Nähe nach einem schönen und geeigneten Fahrzeug gesucht, bis eines Morgens Jeannine sagte, es gibt direkt bei uns in der Nähe einen Händler der ganz tolle Fahrzeuge vertreibt.
Also hatten wir nur einen kurzen Weg, um uns diese Fahrzeuge anzuschauen.
Und wir waren sofort begeistert. Mit anderen Worten: Das Gute liegt manchmal sehr nahe. Nachdem wir auch eine Probefahrt gemacht haben, stand die Entscheidung fest.
So bestellten wir im Oktober 2020 einen „Tourne“ (so heisst der Hersteller) Kastenwagen (Typ des Wohnmobils). Das Basisfahrzeug ist ein Peugeot Boxer*.
*Tourne Boxer 2.2HDI 435 Premium, 165 PS, 2,2L
Die Lieferzeit betrug dann ziemlich genau 6 Monate ab Bestellung.
Unser Kastenwagen „Tourne Peugeot Boxer“
Die Firma TOURNE gibt es erst seit ca. 3 Jahren. Dieser Hersteller ist der (oder einer der) grössten Peugeot Händler in Slowenien. So kam man auf die Idee eine Schreinerei zu übernehmen und selbst auch Kastenwagen zu WoMos auszubauen.
Wir haben nun also quasi einen umgebauten Lieferwagen.
Die wichtigsten technischen Daten sind: Länge 5,99 m, Breite 2,05 m ohne Spiegel, ca. Höhe 2,70 m. Damit ist das Fahrzeug relativ stadttauglich und passt auch (knapp) auf einen normalen Parkplatz. Außerdem ist die Länge von 6 m die „magische“ Grenze zum Beispiel auf Fähren, um nicht als LKW berechnet zu werden.
Insofern, ein relativ kompaktes, gut zu fahrendes Fahrzeug, dass sich fährt wie ein Pkw. Wichtig: Das Fahrzeug hat eine Zulassung von 3,5 t und darf somit mit dem normalen PKW- Führerschein gefahren werden.
Aufgrund der 3,5 t ist die Zuladung natürlich begrenzt, aber sie beträgt knapp 500 Kilo. Dies allerdings abzüglich Mitfahrer, Wasser und Diesel, die man ja auch benötigt.
Mit 165 PS und einem Hubraum von 2,2 l kommt man recht zügig voran was sich auch auf unserer ersten Tour auf diversen Passstraßen und in kleinen Gässchen bestätigt hat.
Der Verbrauch lag auf der ersten Tour bei moderaten 10 l pro 100 km, was für ein nagelneues Fahrzeug ein recht guter Wert ist (dieser Wert hat sich bis heute, 7.000 KM, nicht geändert).
Das Fahrzeug ist vom Werk aus relativ komplett ausgestattet, so dass wir an Zubehör nur folgendes geordert haben:
- eine zweite Solarzellen auf dem Dach
- einen Fahrrad-Gepäckträger
- eine Lithium-Batterie (statt einer Bleibatterie) – im Okt. 2021 haben wir eine 2. Lithium-Batterie nachrüsten lassen
- und eine Trocken-Trenn-Toilette (dazu in einem weiteren Bericht dann mehr) – die von unserem Händler gegen das Serien-Chemie-Klo ausgetauscht wurde
- Klimaautomatik, Traktionskontrolle u.a. technische Features
- Aussendusche und Aussengasanschluss (für den Grill)
Durch die Solarzellen, die spezielle Toilette und große Wassertanks, wie auch eine Dieselheizung sind wir ziemlich autark, d.h. wir können mehrere Tage irgendwo stehen ohne auf einen Campingplatz zu müssen. Gerade in der jetzigen (Corona-)Zeit ist dies natürlich ein Riesenvorteil. Der Selbstversorgung und Unabhängigkeit dient zusätzlich ein großer Kühlschrank, zwei Gaskochfelder, viel Stauraum und im Bad auch die Möglichkeit zu duschen.
Was man natürlich ab und zu machen muss, ist neues Wasser zu Bunkern, das Brauchwasser und den Urin-Tank zu entsorgen und vielleicht ab und zu auch mal Diesel zu tanken.
Das schwierigste auf unserer ersten Tour war eigentlich Mülleimer zu finden, denn etwas Müll fällt immer an und diesen muss man ja entsorgen. Da wir auf sehr abgelegenen Strecken unterwegs waren gab es also leider nicht an jeder Ecke einen öffentlichen Papierkorb oder Mülleimer, so dass wir danach tatsächlich suchen mussten.
Damit ihr euch die „Selbstversorgung“ bzw. Unabhängigkeit vorstellen könnt:
- das Fahrzeug hat einen 100 l Frischwasser Tank,
- einen genauso großen Abwassertank (dieser ist beheizt – und damit wintertauglich)
- einen 80 l Diesel Tank (für das Auto an sich und die Heizung)
- zwei Solar Panels mit je 150 Watt (diese speisen die leistungsfähige/n Lithium-Batterie/n)
- einen sehr großen Kühlschrank (mit einem kleinen Gefrierfach)
- eine 11kg Gasflasche (die zum Kochen und für den Heisswasser-Boiler gebraucht wird)
- mehrere USB-Ladestationen (gespeist vom Solarstrom) und Steckdosen für den Betrieb am „Landstrom“
- einen Heizwasserboiler (Duschen, Spülen, Waschen)
- und eine Fussbodenheizung (allerdings auch nur mit Landstrom)
Damit lässt es sich eine ganze Weile gut aushalten.
Was also ist ein „Kastenwagen“?
Dies sind Standard-Nutzfahrzeuge, wie sie auch Handwerker, Kurierdienste, usw. benutzen. Kleine Nutzfahrzeuge mit verschiedenen Längen von 5.99m bis ca. 7.00m.
Sie haben alle eine Schiebetüre (rechte Seite) und 2 Hecktüren, die sich zum Be- und Entladen von Waren weit öffnen lassen – im WoMo dient die Türe als Einstieg in den Wohnraum. Im „Fahrerhaus“ gibt es links und rechts eine normale Türe zum Einstieg von Fahrer und Beifahrer.
Kastenwagen sind also eigentlich Nutzfahrzeuge, die dann später, von verschiedenen Herstellern, zu Kastenwagen-Wohnmobilen um- und ausgebaut werden. Die Fahrzeug Grundabmessungen werden nicht verändert und die gesamte Karosserie besteht aus Metall.
Da es die Basisfahrzeuge von VW (Crafter), Ford (Transit), Mercedes (Sprinter), Fiat (Ducato), Peugeot (Boxer) u.a. gebaut werden, gibt es also auch eine Vielzahl von Herstellern und Modellen für den Wohnmobil-Ausbauer.
Der Ausbauer bestellt also z.B. (in unserem Fall) einen Peugeot Boxer. Diesen bekommt er so, wie ihn auch der Malermeister für seinen Betrieb bekommen würde.
Dann fängt die Arbeit des Ausbauers an.
Unverändert bleibt die Fahrerkabine (hier werden „nur“ die Verdunklungsvorhänge eingebaut, ein Navi-Gerät,…). Nun müssen zusätzlich Fenster (Seiten, Dach) in die Karosserie geschnitten werden. Die Hauptarbeit liegt danach im „Wohnbereich“.
Der Ausbauer muss nun in den „Lieferwagen“ die Betten, die Toilette, die Küche usw. einbauen. Der Ausbauer integriert in das Fahrzeug also alles, was zum Wohnen/Reisen notwendig ist: Heizung, Strom, Wasser- und Abwassertanks, Kochfeld, Innenraumbeleuchtung, Fliegengitter an allen Fenstern/Türen, Schränke/Stauräume und eine Batterie für den Wohnbereich (unabhängig von der „Autobatterie“)….
Aus dem eigentlichen Laderaum des Nutzfahrzeugs wird so der Wohnbereich.
Die Vordersitze lassen sich drehen, um gemeinsam am Tisch sitzen zu können.
Das Hauptbett, hinten, hat die Masse von B140xL190m. Ein sogenannter „Querschläfer“, da die Betten quer zur Fahrtrichtung eingebaut sind. Vorteil: Sie nehmen nicht sehr viel Platz im Fahrzeug weg. Nachteil, der/die aussen (an den Hecktüren) Schlafende muss, will er mal raus, über den/die vordere/n klettern und die Bettlänge ist limitiert durch die Innenbreite des Fahrzeugs.
Auch ist es möglich, die Betten hochzuklappen (siehe Foto) und dann grössere Gegenstände (z.B. Fahrräder) im „Schlafraum“, also innen, zu transportieren.
Normalerweise ist das Bett runtergeklappt und somit „parat“.
Unter dem Bett ist dann der Hauptstauraum, für all die Dinge, die man mitnimmt. Von Elektrokabeln (zum Landanschluss), über eine Kiste mit Fahrradzubehör (Helme, Schlösser), Wasserschlauch, Wanderschuhe, usw. usw. Damit diese Gegenstände während der Fahrt nicht verrutschen, haben sich „Euro-Boxen“ als stabile und ideale Aufbewahrungs-möglichkeit bewährt. Sie sind stabil, stapelbar und schier unkapputbar – und genormt.
In der oberen Skizze seht ihr (v.l.n.r.): Teil des Bettes (wenn hochgeklappt), die Nasszelle (WC, Dusche, Waschbecken), Sitzbank (für 2 Personen), Tisch (verlängerbar), gedrehte Vordersitze, sodass man mit 4 Personen an dem Tisch („Dinette“) sitzen kann.
In der unteren Skizze seht ihr angedeutet das „Zusatzbett“..
Hier nicht sichtbar: Rundherum (oben angebracht) befinden sich Schränke („Schaps“), mit verriegelbaren Klappen, damit während der Fahrt nichts herausfällt.
Der Ausbau geschieht in Handarbeit und (meistens) in kleinen Stückzahlen. Auch daraus ergeben sich Lieferzeiten von 6 bis 18 Monaten. Die „grossen“ und bekannten Hersteller sind z.B: Pössl, Hymer, Westfalia, Weinsberg u.a. Daneben gibt es viele kleinere (auch sehr exklusive) Hersteller.
Bei einer Gesamtlänge von 5.99m gibt es nicht viele Varianten der Grundrissgestaltung. Die Unterschiede liegen je nach Hersteller bei der Qualität, den Materialien, Farben und Dekors. D.h.: Die Position der Betten, der Nasszelle usw. ist fast bei allen Modellen/ Herstellern ähnlich.
Eine Variante sind „Längschläfer“, d.h. die Betten sind längs zur Fahrtrichtung angeordnet, was aber erst ab Fahrzeuglängen von ca. 6.50m* möglich ist. Diese Variante gab es bei unserem Fahrzeug 2020/21 noch nicht – und ausserdem wollten wir aus „praktischen“ Gründen nicht über 6m Länge hinaus.
*Es gibt Ausnahmen, z.B. das neue Modell von HRZ, das bei einer Länge von nur 5.26m ein Bett von 200x160cm hat, welches sich allerdings im Hochdach befindet.
Hier noch Fotos des Tournes (kurz vor der Übergabe an uns):