Samstag, 11. Dezember
Das Auto ist fertig gepackt, das Haus geputzt, die Fensterläden geschlossen. Trotzdem ist es 12:00, bis wir loskommen. Aber diese Reise ist in mehrfacher Hinsicht eine Premiere: Noch nie wollten wir so lange wegfahren (3 Monate), noch nie hat sich die Abfahrt so lange verzögert (6 Wochen), weil noch nie so viele Dinge dazwischen kamen (Wechsel der Krankenkasse, Erkältungen, schließlich noch eine abgebrochene Zahnkrone).
Aber: Jetzt sind wir endlich gestartet. Und noch eine Premiere: Bei Schneetreiben! Es ist 1 Grad, das Olivenöl im Wohnmobil ist ganz sulzig, und Campingstimmung kommt definitiv nicht auf. Das wird sicher noch einige Tage so bleiben, bis wir in wärmere Gefilde kommen.
Schnee und Schneeregen begleiten uns bis Höhe Yverdon. Dann reißt plötzlich der Himmel auf, es ist trocken und klar.
Einen Stau wegen eines Unfalls am Genfer See überbrücken wir mit einer Kaffeepause und überlegen noch, ob wir von der Autobahn runterfahren sollen. Aber kurz darauf löst sich der Stau auf. In Aix-les-Bains finden wir den Stellplatz diesmal auf Anhieb, und auch das Einchecken an der Schranke geht einfacher, nachdem wir begriffen haben, welches der Eingang ist. Jedenfalls sind wir kurz vor 19 Uhr installiert. Gut, dass das Gulasch schon vorgekocht ist. Noch ein Gläschen Rotwein und ab in die Heia.
Sonntag, 12. Dezember
Um 9:20 sind wir auf der Strecke, für unsere Verhältnisse also frühmorgens. Es ist sehr kalt und windig. Und es wird immer kälter. Auf der Strecke entlang der Alpen erreichen wir mit -4 Grad unseren Minusrekord.
Ab dann geht es langsam aufwärts mit den Temperaturen. Wir freuen uns über jedes Grad. Ohne Komplikationen cruisen wir durch Frankreich. Es ist Sonntag, keine LKWs auf der Strecke. Kurz vor unserem heutigen Ziel gibt es direkt an der spanischen Grenze doch nochmal einen kleinen Stau wegen eines Unfalls auf der Autobahn. Immerhin kommen wir so in den Genuss einer Stippvisite durch den Grenzort La Jonquera.
Abends übernachten wir auf einem Campingplatz in L‘Escala, wo wir von einer Freundin herzlichst empfangen und bewirtet werden. Ihr Lebensgefährte gibt noch einige Abrisse zur Geschichte als Dreingabe. So erfahren wir, dass das historische Katalonien auch Roussillon umfasste und dass in Perpignan die Straßenschilder zweisprachig sind.
Montag, 13. Dezember
Unser Ziel heute: So weit zu fahren, wie wir kommen. Das sind dann wie gestern etwas über 600 km. Auf der Autobahn, die um Barcelona und Valencia herum führt, fahren mehr LKWs als PKWs. Es ist unglaublich dichter Verkehr, die LKWs überholen sich auch gerne gegenseitig, was zu Rückstaus bei den PKWs führt. Aber im Gegensatz zu deutschen Autobahnen geht es hier völlig entspannt und friedlich zu. Keine Lichthupen, kein Drängeln. Nicht einmal das Tempolimit von 120 km/h wird ausgereizt.
Zwischendurch regnet es, aber vor allem wird es mit jedem Kilometer wärmer. Wir legen Schicht für Schicht unserer Kleidung ab und stellen fest dass wir wahrscheinlich falsch gepackt haben. Zu viele Wollmützen und zu wenige T-Shirts. Na ja, es gibt ja auch Geschäfte in Spanien.
Kurz vor der Ankunft verfahren wir uns immer mal gerne. So auch heute. Mit drei Umwegen kommen wir bei Einbruch der Dämmerung (gegen 18 Uhr wohlgemerkt – hier ist ja länger hell) auf einem extrem idyllischen Campingplatz an. Er liegt in the middle of nowhere, außerhalb eines kleinen Dörfchens namens Sax. Rundherum nur Olivenplantagen, weites Land und etwas entfernt Hügelketten. Die Betreiber sind ein Englisch-französisches Ehepaar und haben den Campingplatz erst Anfang des Jahres übernommen. Charlaine führt mich herum, zeigt mir die Sanitäranlagen und einen Pfefferbaum und ist überhaupt ganz reizend. Wie schön der Platz angelegt ist, sehen wir am nächsten Tag genauer. Den werden wir uns merken.
Dienstag, 13. Dezember
Wir sind in Andalusien. Es ist karg, die Berge und Hügel sehen aus wie spärlich bewachsene Lehmhaufen, gelegentlich mit ein bisschen Felsen. Wo das Land nicht bewirtschaftet wird, herrschen wüstenartige Zustände. In den Städten (wir fahren an Alicante und Murcia vorbei) sieht man die typischen Bettenburgen, an den Rändern viel Gewerbe auf großen Flächen. Land ist hier ja ausreichend vorhanden. Es gibt riesige Orangen- und Olivenplantagen, die natürlich bewässert werden müssen. Daneben: Wüste. Und dazwischen: weites, karges Land, mit zum Teil bizarren Bergformationen.
Unterwegs erreichen wir unseren Temperaturrekord nach oben: 25 Grad! Auf dem Weg zu unserem Ziel im Naturpark Cabo de Gata an der Küste wird das Land flacher. Wir sind in der Region Almería und sehen die ersten Ausläufer des berüchtigten „Mar Plastico“. Quadratkilometer voller mit Plastik abgedeckter Gewächshäuser, in denen Gemüse für halb Europa angebaut wird. Bewässert aus Brunnen, die das Grundwasser langsam zum Versiegen bringen.
Die letzten Kilometer durch den Naturpark fahren wir durch leere, karge Landschaft. Die Dörfer sehen ein bisschen aus wie im Western, einmal rollt doch tatsächlich ein Strohballen vor uns über die Straße. Und tatsächlich ist ja auch ganz in der Nähe die einzige Wüste Europas (bei Tabernas), wo unter anderem Sergio Leone seine Filme gedreht hat.
Unser Campingplatz heute liegt etwas außerhalb des Dörfchens Las Negras und ist nur über ein etwas abenteuerliches Sträßchen mit tiefen Schlaglöchern erreichbar. Wir sind am Meer, an einer der schönsten Küsten Andalusiens. Bei blauem Himmel sieht das sicher toll aus. Heute jedoch ziehen schwarze Wolken aus den Bergen Richtung Meer. Es fängt an zu stürmen, und nachts wackelt unser Wohnmobil wie noch nie zuvor.
Mittwoch, 14. Dezember
Heute läuft nicht viel. Es regnet fast den ganzen Tag, und Claus muss sich von einem wüsten Hustenanfall erholen. Wir lesen, schreiben, schlafen. In einer Regenpause laufe ich ins Dorf, aber da ist auch nicht viel los. Immerhin entdecke ich einen Wanderweg, den ich mir für den nächsten Tag vornehme.
Donnerstag, 15. Dezember
das Dorf Las Negras ist im Sommer wahrscheinlich recht trubelig, aber um diese Jahreszeit haben praktisch alle Geschäfte und Restaurants geschlossen. Geöffnet hat nur „Komo Komo“, ein gut sortierter Lebensmittelladen, Drogerie, Bäcker, Metzger und Immobilienmakler in einem. Dafür wird überall für die nächste Saison gebaut und gewerkelt.
Der Wanderweg ist Teil des Küstenwegs und führt zur Bucht San Pedro, die nur zu Fuß oder vom Meer aus erreichbar ist. Schilder wiesen darauf hin, dass die verfallene Burg, die hier steht, ursprünglich zur Bekämpfung von Piraten errichtet wurde. Es ist völlig ruhig, nur wenige Wanderer sind unterwegs. Als plötzlich die Sonne rauskommt und das Meer zwischen den Hügeln in gleißendes Licht taucht, wird klar, warum der Naturpark Capo de Gata unter Naturfreunden so beliebt ist.
Freitag, 15. Dezember
Durch den Naturpark führen nicht nur diverse Wanderwege, sondern auch ein europäischer Fernradweg. Den fahre ich heute ein Stück nach Süden bis nach San José, einem etwas größeren Touristenörtchen. Der Weg führt zunächst durch ein weites Tal (eigentlich ein Krater, entstanden durch einen eingestürzten Vulkan) am ehemaligen Bergbau- und Goldgräberort Rodalquilar vorbei. Die Landschaft ist karg, aber bizarr und berückend schön. Es geht bergauf und bergab, und immer wieder gibt es neue Ausblicke.
In San José gibt’s einen Kaffee als Stärkung, bevor es wieder zurück geht, erfreulicherweise mit Rückenwind.
Samstag, 17. Dezember
Bevor wir loskommen, müssen wir noch eine Knobelaufgabe lösen: Ein Greifarm an unserem Fahrradträger lässt sich nicht öffnen. Ohne Greifarm kein Fahrrad und keine Abfahrt. Wir versuchen es mit Überlegung, mit Ruckeln, mit Gewalt, aber der Riegel, der sich bewegen muss, tut das nicht. Wir überlegen schon, ob man das Fahrrad mit Tape am Ständer befestigen könnte. Aber irgendwann kommt die rettende Idee: Mit einem kleinen Stöckchen entriegeln wir das Teil und können die Räder montieren.
Wir fahren zunächst die gleiche Strecke durch den Capo de Gata, auf der ich gestern mit dem Rad unterwegs war. Und sind wieder begeistert von dieser herben Landschaft. Danach geht es Richtung Almería, und von dort aus immer der Küste entlang bis Tarifa. Das „mar plastico“ zieht sich über rund 100 Kilometer, ungelogen. Im Flachland geht es optisch nahtlos ins Gleißen des Meeres über. Im Bergland kleben die Gewächshäuser an den Hängen. Dazwischen Oliven- und Orangenplantagen. Und direkt daneben wüstenartige Öde. Wie hier überhaupt etwas wachsen kann, ist ein Rätsel.
Gegen 17:30 sind wir auf unserem Campingplatz in Tarifa – noch im Hellen. Die Sonne geht hier momentan erst gegen 18:15 unter (allein das ist schon die Reise wert). Wir installieren uns, plaudern mit dem britischen Ehepaar nebenan und beginnen unseren Aufenthalt in der Campingbar. Wir sitzen auf der Terrasse, genießen den Sonnenuntergang, die Lichter von Tanger, die Tanker, die sich durch die Straße von Gibraltar schieben. Die ohrenbetäubende Brandung ergänzt die melancholische Flamencomusik aus der Bar. Wir sind angekommen!
Montag, 19 Dezember
(Claus) Und so etwas gibt es vielleicht nur beim Campen!
Wir wollten kurz einen Kaffee in der Bar direkt am Meer trinken und ein paar Weihnachtskarten schreiben.
Wir waren ganz alleine auf der Terrasse, als diese kleine, sehr zierliche, ältere Dame auftauchte und etwas ratlos wirkte. Sie sprach uns an und fragte, ob wir deutsch sprächen. Sie wollte sich nach den Preisen und der Qualität des Essens in der Bar erkundigen, besonders, da sie einen Aushang gesehen hatte, bei dem das Abendessen EUR 55.- kostete. Wir konnte sie beruhigen, in dem wir erklärten, dass es sich dabei um das Weihnachtsmenue (inkl. Getränken) handelte.
Da die Frau sehr nett scheint, frage ich sie ob sie nicht einen Kaffee mit uns trinken wolle.„Ja, aber ich habe meine Portemonnaie nicht dabei!“ Kein Problem, wir laden sie ein!
Sie nimmt Platz…und dann kamen wir nicht mehr aus dem Staunen heraus. Sie stünde auch auf dem Campingplatz, mit ihrem „Panzer“, sagte sie. Wie sich herausstellte, fährt sie ein DURO! Einfacher gesagt: einen kleinen Militärlaster! Dieser wird von der MOWAG in Kreuzlingen (!!!) gebaut und nicht an Private verkauft. Sie hat das Fahrzeug vor gut 20 Jahren auf einer Messe gesehen, konnte es aber nicht kaufen, da nur fürs Militär gedacht.
Ein halbes Jahr später rief man sie an und sagte ihr, dass sie Testfahrerin werden könne.. Man sicherte ihr komplette Unterstützung mit Teilen und bei Problemen zu. Also kaufte sie das Chassis von der damaligen Firma Bucher (die später von der MOWAG aufgekauft wurde) und ließ von einer anderen Firma eine Wohnkabine darauf setzen. Stand heute hat sie mit dem Fahrzeug 330.000 Kilometer zurückgelegt – und wenn sie mal ein größeres technisches Problem hatte, egal auf welchem Kontinent, flog ein Mechaniker mit den Ersatzteilen ein.
Anzumerken ist nicht nur, dass sie auf fünf Kontinenten unterwegs war, sondern meistens alleine! Wir schätzen, dass sie ungefähr 80+ ist (sie ist seit 1962 im ADAC) und noch immer reist sie alleine um die Welt. Nein, Angst habe sie nicht: „wenn der Teufel mich holen will, wird er mich finden! Warum dann Zuhause warten?“ In der Branche (mittlerweile kann man gebrauchte DUROs aus Armeebeständen kaufen) ist sie bekannt als die „DURO Helga“. Sie besitzt original Reparatur-Handbücher, Messgeräte für den DURO, u.a. Während Corona, als Camper Marokko nicht mehr mit den Fahrzeugen verlassen durften, rief der ADAC bei ihr an, ob sie eine Idee hätte wie man die hunderten von Wohnmobilen wieder nach Hause bekommt!!
Eine unglaubliche Begegnung. Sie hatte soooo viel zu erzählen von ihren Reisen und Erlebnissen, dass über zwei Stunden wie im Flug vergingen – und Jeannine natürlich keine Karte geschrieben hat.
Wir freuen uns, sie die Tage an ihrem Auto besuchen zu dürfen und werden dann sicher auch Fotos nachreichen können.
Ja, so ist Camping! Zumindest, kann es so sein! Ein absolutes Highlight.
Dienstag, 20. Dezember
Wir ziehen um. Der Platz, der uns zugewiesen wurde, hat uns von Anfamg an nicht gefallen. Zu viel Schatten, zu viele Bäume (im Sommer sicher ganz super), zu viel Lärm von der Straße. Wir fragen einfach mal – und siehe da, wir bekommen einen anderen Platz, diesmal oberhalb der Straße. Jetzt haben wir volle Sonne und unverstellten Blick aufs Meer. Die Sonnenuntergänge können wir jetzt direkt vom Wohnmobil aus sehen.
Nachmittags besuchen wir unsere neue Freundin „Duro Helga“ und ihr Militär-Mobil. Helga selbst ist ca. 155 cm groß und damit nur unwesentlich größer als die Reifen ihres Gefährts. Aber sie kennt jedes Kabel persönlich und ist die 330000 km selbst und meistens allein gefahren.
Nach der Besichtigung des Helga-Mobils mache ich noch eine kleine Fahrradtour ins Hinterland. Der Weg entpuppt sich als ausgewachsene Mountainbike-Strecke, und ich versinke im Matsch. Es gibt sehr viele Tiere: Kühe mit beeindruckend spitzen Hörnern, schwarze Schweine, Ziegen, Schafe und Pferde. Ein Fohlen verweilt vor dem Auto vor mir, während sich seine Mutter vom Autofahrer durch das Fenster kraulen lässt. Das Fohlen sieht keinen Grund auszuweichen, weshalb die ganze Affaire gut 15 Minuten in Anspruch nimmt. Sehr ländlich!
Mittwoch, 21. Dezember
Wir müssen unser Gasproblem lösen. Unsere 11 kg-Gasflasche reicht zwar noch, aber wir können sie nicht gegen eine volle tauschen, weil es überall andere Flaschentypen gibt. Europäische Normen gibt es vielleicht bei Gurken, aber nicht bei Gasflaschen. Wir können auch nicht einfach in Spanien eine neue Flasche kaufen, weil man dafür eine Steuernummer benötigt (kein Witz). Der Campingplatz würde uns eine Flasche ausleihen, aber für den Anschluß an unseren Gasschlauch brauchen wir einen Adapter und etwas, das sich Regulator nennt. Wo wir das bekommen können, markiert uns der Campingplatzchef auf einem Stadtplan von Tarifa: in einer Ferreria, einer Eisenwarenhandlung.
Der Besuch dieses großen, dunklen Ladens, von oben bis unten vollgestopft mit Haushaltswaren, Werkzeug und Elektrozubehör, ist ein Erlebnis. Wo bitteschön gibt es bei uns denn noch Eisenwarenhändler? Hier wird auch noch bedient! Der Chef spricht dankenswerterweise drei Brocken englisch, und ich kann mein Anliegen erklären. Den Regulator hätte er da, aber ohne Adapter passt der nicht auf unseren Gasschlauch (den ich dabei habe). Geduldig erklärt er mir, wo ich einen Adapter bekommen könne und malt dazu ein kleines Plänchen. Weitere Alternativ-Läden in Algeciraz werden sorgfältig auf der Rückseite des Plänchens notiert.
Der zweite Laden ist eine Art Reparaturwerstatt. Der Mitarbeiter spricht nur spanisch, die Verständigung fast nicht möglich. Immerhin wird klar, dass ich um 16 Uhr wiederkommen soll. Nachmittags ist dann offensichtlich der Chef da und schraubt zu meiner Begeisterung einen Regulator direkt auf unseren Gasschlauch, Adapter also nicht nötig. Aber zu früh gefreut: Die Konstruktion ist zu hoch, um auf die Gasflasche zu passen. Ich soll doch bitte am nächsten Tag um 16 Uhr wiederkommen. Mal schauen…
(Claus) Während Jeannine also mehrfach mit dem Velo nach Tarifa fährt, kommt Helga kurz vorbei. Nach 5 Minutan fragte ich sie, ob sie nicht sitzen möchte? Nach einer Stunde frage ich, ob ich ihr etwas anbieten könne (allerdings hat Jeannine ja den Gasschlauch mit und so gibt es keinen Kaffee, sondern nur ein Glas Wasser). Nach ca. vier Stunden gebe ich ihr eine Fleece-Decke, da es mittlerweile recht frisch geworden war. Jeannine ist inzwischen auch wieder zurück von ihrem „Technik-Ausflug“.
Mein Nachmittag besteht also aus einem langen Gespräch (80% Monolog) mit Helga. Er geht um Behördenwillkür, den Besitz von vier (!) Reisepässen (3 deutsche, mit Laufzeit 10, 7 und 7 Jahren und einem französischen, da sie auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt). Da sie ständig in der Welt unterwegs war, musste sie immer überlegen, welchen Pass sie einsetzt um an der entsprechenden Grenze keine Probleme zu bekommen. Sehr spannend! Hat etwas von James Bond!
Sehr ausführlich erzählt sie uns dann noch von ihrem letzten Fahrzeugservice, der mit über EUR 20.000.- abgerechnet, aber nie wirklich gemacht wurde und mit einem Gerichtsverfahren endete. In dem Moment sind wir sehr froh, „nur“ einen Peugeot zu haben und nur nach einem Gasadapter zu suchen. Sollte dies bei uns am Schluss funktionieren, möchte Helga übrigens auch einen haben.
Irgendwann fragen wir sie dann auch nach ihrem Alter: Sie wurde 1940 geboren, ist also heute 82 Jahre alt. Das Fahrzeug hat sie sich (ohne ihren Mann einzuweihen) mit 60 gekauft.
Donnerstag, 22.12.
Ich verbinde eine Radtour mit einem weiteren Besuch im Gasflaschenadapterladen. Die Tour führt zunächst entlang der N340. Danach kommt ein weißes Dorf namens Facinas, und ab da führt der Weg durch den Nationalpark Les Alocornales. Diesmal entdecke ich auch einige der gleichnamigen Korkeichen.
Ich vermeide Naturstraßen, weil ich nicht wieder im Matsch versinken will. Aber auf diesen kleinen Sträßchen durch den Naturpark ist praktisch kein Verkehr, es ist eine Traumstrecke.
Pünktlich um 16 Uhr bin ich wieder im Laden. Der hat jedoch geschlossen. Ich trinke einen Kaffee und probiere es eine Stunde später wieder. Gleiches Resultat. Na ja. Wir haben ja Zeit…
Abends können wir erstmals bei Sonnenuntergang draußen essen. Es ist deutlich wärmer als die Tage davor und vor allem windstill. Ein Träumchen.
Freitag, 23.12.
Während sich Claus ums Wäscheaufhängen kümmert, versuche ich nochmal mein Glück im Laden. Vergeblich. Ich rufe die Nummer an, die dransteht, aber natürlich spricht der Ladenbesitzer nur spanisch. Ich glaube zu verstehen dass ich eine Stunde später nochmal kommen soll. Die Stunde verbringe ich in der Markthalle von Tarifa, wo es ein phantastisches Angebot von frischem Fisch, Fleisch und Gemüse gibt. Die Geräuschkulisse ist wie auf einem Basar, dabei ist die Markthalle eher klein. Danach wieder zum Laden, der natürlich wieder geschlossen hat.
Samstag, 24. Dezember
(Claus) Heiligabend bei 20 Grad im Schatten ist schon speziell. Es ist so warm (im Auto tagsüber fast 25 Grad), dass wir uns entschließen, mit dem Fahrrad nach Tarifa zu fahren und das zu besorgen, was wir vergessen haben: Sommerkleidung! Wir haben viele dicke Jacken und Pullis dabei (die man abends auch gut brauchen kann), aber nicht eine kurze Hose! Wir werden in einem netten kleinen Laden fündig. Zweimal kurze Hosen und zweimal lässige Hemden bitte – und schon sind wir auch für die hier herrschenden Temperaturen ausgestattet! Ärgerlich nur, dass wir „davon“ daheim reichlich hätten! Die Ladenbesitzerinnen hat’s gefreut. Zurück am Campingplatz gönnen wir uns jeder ein Weihnachtsbier…
Und entdecken die neue Weihnachtsdekoration auf der Terrasse..
Anschließend gehen wir zum WoMo und Jeannine kocht Chili con Carne. Ein typisches Essen für Heiligabend 😅 Auf das Weihnachtsmenue haben wir verzichtet. Wir hatten keine Lust darauf, den ganzen Abend mit Fremden zusammensitzen zu müssen (wenn’s nur beim Bier ist, kann man aufstehen und gehen…) Natürlich sitzen wir bei unserem Festessen draußen und schauen aufs Meer. Sehr schön!
Nicht zu vergessen: Tagsüber haben wir noch mit Freunden und Familie Video-telefoniert. Alle saßen in dicken Pullis, teilweise erkältet, in ihren geheizten Wohnzimmern. Während wir mit dem Telefon in den Schatten gehen mussten….
Sonntag, 25. Dezember
(Claus) Heute müssen wir kurz alles im und ums Auto zusammenräumen, da (nach 7 Tagen) unser Frischwassertank leer und unser Brauchwassertank voll ist. 300 m Fahrt, auffüllen bzw. entleeren und wir können uns wieder auf unserem Platz installieren.
Heute dann sogar die Markise ausgefahren, da es direkt in der Sonne zu warm ist.
Montag, 26.12.
Ich mache einen Fahrradausflug mit Ziel Cap Trafalgar (wo Lord Nelson eine Seeschlacht gegen die Franzosen gewonnen hat). Der Radweg ist Teil des europäischen Fernradwegenetzes. Um darauf zu stoßen, fahre ich zunächst wieder die N340 und biege dann auf eine kleine Landstraße Richtung Bolonia. Das letzte Stück bis zum Radweg ist eine Piste, die ich mit meinem Rad nicht fahren kann, also schiebe ich. Sollte ja kein Problem sein, weil bald der Fahrradweg kommen soll. Der jedoch ist ebenfalls eine Piste. Geröll und Sand. Für geübte Mountainbiker vielleicht kein Problem, für mich schon. Ich schiebe also weiter und bin sicher eine Stunde zu Fuß unterwegs. Das wäre eigentlich eine wunderbare Wanderstrecke, aber mit dem schweren E-Bike kein großes Vergnügen. Bis ich endlich in Bolonia auf befestigten Wegen gelandet bin, ist klar, dass ich das Ziel keinesfalls schaffen werde. Egal, ich fahre um den Ort herum in die Hügel und bestaune einen grandiosen Blick auf die Wanderdüne, die von oben wie eine Mondlandschaft aussieht, und auf bizarre Felsformationen. Der Radwanderweg zweigt wieder ab und führt in ein Naturschutzgebiet – ich fahre dankend weiter, weil ich heute nicht mehr schieben mag.
Fazit: Vielleicht sollte ich mir mal eine Karte besorgen!
Abends genehmigen wir uns Tapas in der Campingbar und genießen einen grandiosen Sonnenuntergang und die Wellen, die bis auf die Terrasse spritzen.
Dienstag, 27. Dezember
Es stürmt. Wir frühstücken trotzdem wieder draußen und halten das Tischtuch fest. Danach trinken wir an der Campingbar Bar einen Kaffee. Wir schauen uns das Silvester-Menu-Angebot an, sind aber noch nicht sicher, ob wir reservieren sollen.
Ich beschließe,, einen Strandspaziergang nach Tarifa zu machen. Der Hinweg ist super. Die Kitesurfer tanzen übers Meer, die Sonne glitzert auf dem Wasser, der Wind treibt den Sand vor sich her und pudert alle unbedeckten Körperteile.
Leider habe ich mein Timing nicht ganz genau durchdacht. Parallel zum Strand gibt es eine große Lagune, die an einer Stelle wie ein Bach ins Meer fließt. Dort muss man durchwaten. Bei Flut fließt das Wasser landeinwärts und macht den Übergang tiefer und schwieriger (das hatte ich letztes Jahr schon mal, ist unangenehm). Weil die Flut beim Rückweg fast ihren Höchststand erreicht hat, traue ich mich nicht, den Weg am Strand zu nehmen. Was bleibt, ist die schon bekannte N340. Erst nach etwa 5 km kann man von dort wieder Richtung Meer abbiegen (davor ist wieder Lagune). Na ja. Nach insgesamt 19 km komme ich etwas fertig am Wohnmobil an, stolz, dass ich es geschafft habe. Gegen die Knieschmerzen gibt’s ja Voltaren.
Mittwoch, 28.12.
Kurzer Zwischenstand zum Thema Gasadapter: Inzwischen bemühen wir täglich die netten Mitarbeiter vom Campingplatz, die für uns beim Wekstatt-Laden anrufen. Während in den letzten Tagen jeweils die Nachricht kam, dass das Teil noch nicht eingetroffen sei, heute die Botschaft, es sei da, aber das falsche. Man habe es wieder zurückgeschickt. Wir sollten doch morgen nochmal anrufen. Vielleicht ist das Ganze ja eine verkappte ZEN-Übung.
Trotzdem müssen wir mal wieder einkaufen. DURO-Helga hat uns schon vor einigen Tagen gebeten, ihr ein spezielles Brot vom Lidl mitzubringen und uns präzise Anweisungen dazu gegeben. Eigentlich meiden wir deutsche Supermärkte im Ausland, weil wir ja möglichst authentisch einkaufen wollen. Aber Helga zuliebe fahren wir also zu Lidl. Wir sind nicht allein, der Parkplatz ist voller Wohnmobile. Aber was soll’s, Lidl hat nicht nur besagtes Brot, was eine dunkle Wohltat zu den üblichen spanischen Baguettes ist. Er ist auch sehr gut sortiert und hat besseres Obst und Gemüse als die spanische Variante. Man lernt nie aus.
Nachmittags nur ein ganz kleiner Strandspaziergang und abends ein Schwätzchen mit Helga, die sich über das Brot freut.
Freitag, 30.12.
Es ist nicht zu fassen: ENDLICH haben wir den Gasflaschenadapter bekommen! Nachdem die nette Mitarbeiterin vom Campingplatz heute noch dreimal (!) mit Alvarez vom Werkstatt-Laden telefoniert hat, fahre ich frohgemut nach Tarifa gefahren, nur um schon wieder vor verschlossener Tür zu stehen. Aus lauter Verzweiflung rufe ich selbst bei ihm an und verstehe irgendwie, dass die Lieferung des Päckchens 15 Minuten später erfolgen solle. Und da steht dann tatsächlich das Päckchen auf der Ladentheke. Alvarez ist sichtlich erleichtert, dass er diesen Riesenumsatz (17 EUR) endlich abschließen kann. In der Gebrauchsanweisung steht übrigens, dass man das Teil nicht für Wohnmobile einsetzen darf, aber diesen Hinweis werden wir definitiv ignorieren. Jetzt brauchen wir nur noch eine spanische Gasflasche. Die sollen wir am Dienstag bekommen. Schauen wir mal, welcher Dienstag das sein wird….
Samstag, 31.12.
Der sogenannte Buddha-Trail ist die perfekte Silvesterwanderung. Das finden andere auch, wie ich beim Weg zum kleinen Buddha feststelle, der oberhalb des Torre de la Peña in einer Felsnische auf seine Besucher wartet. Der steile Aufstieg wird mit spektakulären Ausblicken in beide Richtungen entlang der Küste belohnt. Völlig egal, dass ich die gleiche Tour letztes Jahr schon einmal gegangen bin, die Aussicht ist überwältigend. Als kleine Achtsamkeitsübung baue ich mein erstes Steinmännchen, was übrigens viel einfacher geht, als ich dachte. Oben auf dem Kamm stehen Windräder in Reih und Glied.
Auf der anderen Seite des Kamms geht es genauso steil wieder durch Macchia und Pinienwälder und mit Blick auf die Bucht von Tarifa nach unten. Bei einem meiner diversen Umwege heute laufe ich an einem halbvertrockneten Pferdekadaver vorbei, der mich ein bisschen erschüttert. Aber nach soviel Buddha und Achtsamkeit heute beschließe ich, dass diese Begegnung kein schlechtes Omen ist.
Unser abendliches Silvesterprogramm besteht in einer ausgedehnten Plauderei mit unseren neuen Platznachbarn aus Köln*. Danach und nach dem Essen sind wir beide so müde, dass wir uns nur mal ganz kurz aufs Bett legen. Kurz vor Mitternacht wachen wir auf, essen die 12 spanischen Glückstrauben, stoßen miteinander an – und liegen um 0:30 schon wieder im Bett.
*(Claus) Die Kölner Nachbarn fahren zufällig auch einen schwarzen Peugeot Boxer. Eine Nummer kleiner als unserer und selbstausgebaut.
Ich wundere mich noch, dass ich keine Räder sehe, als sie einparken – später aber sehr schicke Rennräder neben dem Auto stehen. Dies klärt sich, als sie uns erzählen, dass sie passionierte Triathlen sind und ihr Auto „um“ die Räder gebaut haben. Diese sehr teuren Räder sind somit immer im Auto, und wenn sie irgendwo schlafen, können sie diese quer vor sich stellen.
2023 beginnt!!
…..
…..
….