Donnerstag, 2.3.
Wir ändern mal wieder unsere Reiseroute. Ursprünglich wollten wir von Sevilla aus nördlich durch die Extremadura und Kastilien fahren. Aber es ist um diese Jahreszeit einfach noch nicht warm genug für diese Route, die durch Berge und über die Hochebene Meseta führt. Deshalb entscheiden wir, einen Schlenker nach Osten zu machen und auf der Mittelmeer-Route nach Hause zu fahren. Von unseren diversen Reisebekanntschaften haben wir gute Tipps für die Gegend bekommen.
Unser erstes Ziel ist das Städtchen Antequera, ca. 50 km nördlich von Malaga. Wir fahren bis Utrera (und damit einmal um Sevilla herum) auf der Autobahn und danach auf Landstraßen. In Antequera gibt es keinen Campingplatz, aber angeblich einen Stellplatz bei einem Hotel-Restaurant. Den fahren wir an und essen erstmal dort (übrigens sehr lecker!). Aber der Stellplatz gefällt uns gar nicht, und wir fahren weiter zu einem Wanderparkplatz in den Bergen. Unterwegs verfransen wir uns in der Altstadt, und Claus muss ein waghalsiges Wendemanöver hinlegen. Als wir die engen Altstadtgässchen endlich hinter uns gelassen haben, entdecken wir einen Stellplatz oberhalb des Städtchens, auf dem bereits mehrere Wohnmobile stehen. Es gibt zwar keinerlei Infrastruktur, aber dafür einen gigantischen Blick. Wir disponieren sofort um – und zum Wanderparkplatz können wir auch morgen noch fahren.
Antequera entpuppt sich als kleines Schätzchen, mit maurischer Festung und mehreren Renaissance-Kirchen. Von der Festung aus hat man einen phantastischen Blick in alle Richtungen.
Freitag, 3.3.
Das Wunderbare an unserer Art zu reisen, ist, dass man immer wieder Überraschungen erlebt. Antequera hatten wir ursprünglich gar nicht auf dem Schirm und sind eher zufällig hier gelandet. Es gibt drei megalithische Dolmengräber, von denen wir schon gehört hatten. OK, Dolmen sind normalerweise nicht unsere oberste Priorität, aber nachdem wir ja schonmal hier sind, kann man sie sich ja auch anschauen. Aufgefallen ist uns allerdings schon bei der Anfahrt auf die Stadt ein einzelner Berg in Form eines nach oben gewandten Gesichts, der sich abrupt aus der Ebene erhebt. Wie sich herausstellt, gehören der Gesichts-Berg, die drei Dolmengräber sowie ein weiterer Berg zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Einer der Dolmen (Viera) ist auf die Sonne ausgerichtet. Das ist, wie wir lernen, typisch für Grabanlagen dieser Art. Jeweils zur Tag- und Nachtgleiche bei Sonnenaufgang erhellen die Sonnenstrahlen den Eingang bis zur Grabkammer. Die Kammer selbst bleibt immer im Dunkeln.
Die Öffnung des 6000 Jahre alten Dolmen Menga hingegen, ist genau auf den Berg La Peña mit dem nach oben gewandten Gesicht ausgerichtet. Dieser Dolmen ist absolut spektakulär, weil er aus gigantischen Steinplatten besteht, die die Wände und Decken bilden und von weiteren Steinplatten in der Mitte als Säulen getragen werden. Diese Kolosse wiegen bis zu 180 Tonnen und sind zu perfekten Fugen zusammengefügt. Wie das vor 6000 Jahren ohne nennenswerten Werkzeuge gemacht wurde, bleibt ein Rätsel.
Die Öffnung des dritten Dolmen El Romeral fängt das Sonnenlicht zur Tag- und Nachgleiche um die Mittagszeit ein und ist gleichzeitig auf den höchsten und markantesten Berg der Gegend, den 20 km entfernten El Tocal, ausgerichtet.
Ein Cambridge-Professor für Archäoastrologie, Michael Hoskin, hat die Besonderheit von Antequera erkannt und herausgearbeitet. Nirgendwo sonst nämlich sind die megalithischen Bauwerke auf terrestrische Punkte (wie im Falle des Menga) oder gar auf die Sonne UND auf einen Punkt auf der Erde (wie beim El Romeral) ausgerichtet. Hoskins Expertise hat die UNESCO-Kommission 2017 dazu bewogen, das Ensemble in die Weltkulturerbe-Liste aufzunehmen.
Die Festung Alcazaba wirkt im Vergleich zu den Dolmen fast ein bisschen unspektakulär. Sie ist aber riesig und wurde im 14. Jahrhundert von den Mauren auf römischen Ruinen errichtet, um die Stadt gegen die Angriffe der Katholiken zu verteidigen. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass das ganze Gelände dezent mit Gitarrenmusik beschallt wird.
Direkt neben der Festung steht die spätgotische/Renaissance-Kirche La Colegiata mit schöner Holzdecke im Mudejar-Stil.
Samstag, 4.3
Unser heutiger Ausflug zum Berg El Torcal scheitert. Als wir gegen 12:30 Uhr am unteren der beiden Wander-Parkplätze ankommen, ist alles restlos überfüllt. Wir kehren unverrichteter Dinge wieder um und kümmern uns statt dessen um unsere Infrastruktur (Wasser, Abwasser, Einkaufen). Danach gehen wir Mittag essen, und am Nachmittag drehe ich noch eine kleine Runde vom Stellplatz aus. Wie sich herausstellt, kann man hier überall wunderbar wandern, und von überall gibt es schöne Blicke in die Gegend.
Den El Torcal nehmen wir uns für morgen vor, und zwar, laut einer Empfehlung unserer Stellplatz-Nachbarn – für den späten Nachmittag.
Sonntag, 5.3.
Als wir aufwachen, hängt ein Zettel unserer Paderborner Nachbarn an der Windschutzscheibe. Wie reizend!
Der Wetterbericht stimmt heute überhaupt nicht. Statt der angekündigten Sonne gibt es Wolken, später sogar Regen. Claus hat wieder eine schreckliche Husten-Nacht hinter sich und fühlt sich gar nicht gut. Den Ausflug zum El Torcal verschieben wir auf unseren nächsten Besuch (und wir kommen wieder! Allein der Stellplatz lohnt einen Besuch).
Während sich Claus von der Nacht erholt, laufe ich nochmal ins Städtchen und besuche das städtische Museum. Das zeigt in einem schönen Renaissance-Palast einen geschichtlichen Abriss von der Steinzeit bis zur Renaissance. In den oberen Stockwerken sind diverse Maler ausgestellt. Sehr nett gemacht alles, aber ein bisschen Sammelsurium. Immerhin wird die Lebensweise, Sesshaftwerdung und Spezialisierung der Dolmenbauer genauer erklärt.
Und dann kommt wieder so ein unerwarteter Aha-Moment. Die Räume im obersten Stockwerk (ich überlege noch kurz, ob ich überhaupt bis ganz nach oben laufen soll) sind einem Künstler namens Cristobal Toral gewidmet, der in Antequera aufwuchs, und dessen Bilder in den wichtigen Museen auf der ganzen Welt vertreten sind. Er malt realistisch, seine Sujets sind inszenierte Szenen, die oft mit Reisen, mit Flucht und mit Verlassensein zu tun haben. Das Sinnbild für die moderne Welt, in der die Menschen unterwegs oder auf der Flucht sind wie selten zuvor, ist für ihn der Koffer. Immer wieder hat er Berge von Koffern gemalt oder hat sie zu Installationen zusammengefügt. Ich hatte noch nie von ihm gehört, aber für mich ist Toral eine echte Entdeckung.
Montag, 6.3.
Unser Ziel heute ist 450 km entfernt. Wir peilen für heute einen kleinen Campingplatz bei Sax an, ca. 50 km nördlich von Alicante. Da haben wir schon auf dem Hinweg übernachtet und fanden es sehr idyllisch. Die Betreiber des Platzes sind ein englisch-französisches Paar, das uns damals sehr herzlich empfangen hatte.
Die Fahrt dorthin ist eine der schönsten auf unserer Reise. Wir fahren an Granada vorbei und die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada im Hintergrund.
Zwischen Granada und Guadix tauchen immer wieder bizarre Felsformationen auf. Wir wollen heute weiterkommen, aber beim nächsten Mal werden wir hier länger bleiben.
Ohne Stau erreichen wir unser Ziel und werden von Sharmaine, der Engländerin, überschwänglich begrüßt. Das hat nichts damit zu tun, dass sie sich an uns erinnert, sie ist einfach immer so. Der Platz liegt in einem weiten Tal, ist umgeben von Olivenplantagen und einfach, aber sehr reizend gestaltet. Nicht nur die Stellplätze sind überaus großzügig, sondern es gibt auch eine große „Gemeinschaftsfläche“ in der Mitte, mit Pool und mehreren Tischgruppen. In einem Häuschen haben die beiden umfangreiches Informationsmaterial über Bäume und Vögel der Gegend, über Wander- und Bikerouten zusammengestellt, das Ganze viersprachig.
Dienstag, 7.3.
Wir waschen Wäsche, machen online-Banking, und nachmittags drehe ich eine kleinere Runde als ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Die mache ich dann morgen. Dafür ist der Blick ins Tal sehr schön.
Es lohnt sich auch nachts mal rauszuschauen, besonders wenn gerade die UFOs kommen:
Mittwoch, 8.3.
Unsere morgendliche Croissant-Bestellung klappt heute nicht, was aber eigentlich unser Fehler ist. Die reizende Campingbetreiberin Sharmaine entschuldigt sich trotzdem mehrfach und wortreich und kommt schließlich mit zwei Eiern als Entschädigung vorbei.
Wir fahren mit den Rädern nach Sax, wo es aber nicht viel zu entdecken gibt. Dafür essen wir in einer sehr authentischen spanischen Beiz zu Mittag, in der außer uns nur ältere spanische Herren vor ihren Weingläsern sitzen und neben uns zwei auffällig gestylte Damen, von denen wir nur vermuten können, welchem Gewerbe sie angehören. Die beiden konsumieren beachtliche Mengen Bier und Wein und telefonieren lautstark mit ihren Handys.
Auf dem Rückweg trennen wir uns, weil ich noch einkaufen gehe und Claus gleich heim will. Er verfährt* sich so, dass er Angst hat, in den Olivenhainen elendiglich zu verenden. Tatsächlich ist er nur 150 Meter an der Einfahrt des Campingplatzes vorbeigefahren. Jedenfalls sitzt er wohlbehalten am Platz, als ich vom Einkaufen komme.
*(Claus): Ich möchte die Situation nochmals richtigstellen: Es herrschten fast unerträgliche 20 Grad. Ich hatte keinerlei Lebensmittel und nur 0,5l Wasser dabei. Umgeben von Millionen von Olivenbäumen, hatte ich weder den Namen des CP noch die Koordinaten. Nur meinem ausgeprägtem Orientierungssinn und eisernen Überlebenswillen ist es zu verdanken, dass ich die 150m zurückfuhr und somit das, nur von einer Seite beschriftete, Schild zum CP sehen konnte! So selbstverständlich wie Jeannine dies beschrieben hat, war es ganz sicher nicht. (😄👍🏻)
Donnerstag, 9.3.
Ich mache eine wunderbare Wanderung um den nächstgelegenen Berg herum. Es ist eine der Touren, die im Infomaterial auf dem Campingplatz beschrieben wird, und ich habe tolle Ausblicke in alle Richtungen. Leider ist das Licht heute nicht so schön.
Wir checken schon am Abend aus, damit wir am nächsten Morgen gleich weiterkommen. Ich plaudere noch mit Charmaine und erfahre, dass sie und ihr Mann in England eine eigene Firma hatten. Die Übernahme des Campingplatzes war eine bewusste Entscheidung, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Weniger Stress, mehr Leben. Der Campingplatz hat nur 16 Plätze und ist überaus preiswert. Reich wird man damit nicht, aber genau darum geht es den beiden auch nicht. Ich verspreche, dass wir wiederkommen werden, und wir verabschieden uns mit Küsschen.
Freitag, 10.3.
Heute fahren wir nur etwa 150 Kilometer, aber vorwiegend Landstraße und nach Norden. Das erste Stück ist noch Autobahn, führt durch eine Ebene und ist mühsam zu fahren, weil es stürmt. An einer Stelle fahren wir in eine richtige Sandwolke.
Bei Almansa biegen wir auf die Nationalstraße N330 ab und fahren durch ein Tal nach oben auf die kastilische Hochebene bis nach Requena. Die Felsen changieren zwischen ocker-dunkelrot und ocker-türkis, und die Oliven-, Mandel- und Apfelbäume stehen stramm in Reih und Glied.
Von Requena aus fahren wie zu einem Campingplatz, der unterhalb eines Stauwerks liegt. Die Rezeption ist in einer ehemaligen Poststation aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, die Plätze liegen mehr oder weniger im Wald. Bei einer ersten Besichtigung flitzt doch tatsächlich ein Rudel Steinböcke über den Stellplatz. Wir können es gar nicht glauben, aber sie tauchen immer wieder auf, auch beim Wandern. Leider sind sie in der Regel schneller weg als man das Handy zücken kann.
Die Gegend ist das Resultat einer tektonischen Auffaltung, in die das Flüsschen Cabriel mäandernde Schleifen gegraben hat. Die aufgefalteten Felsen sind über die Jahrmillionen zu scharfen Felsnadeln erodiert, die nicht zu Unrecht „Messer“ genannt werden. Diese „Cochillos de Contreras“ sind nur 4 km auf einem gemütlichen Wanderweg entfernt.
Samstag, 11.3.
Heute fahre ich mit dem Rad am Stauwerk vorbei durch das ziemlich verlassene Dorf Contreras zu einem Wanderparkplatz.
Vermutlich war das früher die Hauptverkehrsroute Richtung Valencia, bevor die Autobahn gebaut wurde. Im Dorf wittern diverse öffentliche Gebäude vor sich hin, dahinter ragt die Ruine einer ehemaligen Betonfabrik. Trotzdem sind einige der Reihenhäuser bewohnt. Wenn man absolute Ruhe und Steinböcke mag und nichts gegen eine ziemlich morbide Atmosphäre hat, ist das ein guter Wohnort.
Vom Wanderparkplatz aus starte ich eine kleine Tour, die in meiner Wander-App als „einfach“ beschrieben ist. Das ist sie auch, zumindest am Anfang. Es geht erst die Hochebene bergauf, aber dann immer steiler bergab auf bröckeligem Untergrund. Von hier sieht man jetzt die Felsmesser und den Fluß von oben. Ich mache noch ein Foto, und dann drehe ich um und stehe dazu, dass ich ein Angsthase bin („Du Schisser“, wie meine Nichte Toni zu sagen pflegt).
In der Nähe des Parkplates kann man Schützengräben besichtigen. Sie stammen ais dem Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich Anfang des 19. Jahrhunderts (1808 – 1814). Erschütternd ist, dass sich Schützengräben bis heute nicht verändert – und dass sie heute noch benötigt werden.
Sonntag, 12.3.
Heute fahre ich mit dem Rad nochmal zu den Cochillos und ein Stückchen darüber hinaus. Dann lasse ich das Rad stehen und wandere hoch zu einem Aussichtspunkt. Ich dachte eigentlich, dass man von dort auf die Schleifen des Flüsschens sehen könnte. Kann man aber nicht. Dafür gibt es andere Ausblicke, und ich sehe die Felsmesser von der anderen Seite.
Die Gegend ist einfach schön, egal wo man wandert oder fährt.
Montag, 13.3.
Unser heutiges Etappenziel ist nur 200 km entfernt, aber wir haben das Gefühl, dass wir Eindrücke für mehrere Tage sammeln.
Auf Landstraßen fahren wir in die Kleinstadt Teruel, die berühmt ist für ihre gut erhaltene Mudejar-Architektur. Mudejaren wurden die Muslime genannt, die nach der Reconquista unter katholische Herrschaft kamen. Unter ihnen waren viele Handwerker und Baumeister, die nach der Rückeroberung für die neuen christlichen Herren bauten. Daraus entstand ein einzigartiger Stilmix aus islamischen Baumaterialien und Stilen mit gotischen und später Renaissance-Elementen. In Teruel ist die mittelalterliche Mudejar-Architektur ebenso vertreten wie Neo-Mudejar vom Anfang des 20. Jahrhunderts und einige ausnehmend schöne Jugendstilgebäude.
In Spanien ist der Unterschied zwischen Stadt (oder Dorf) und Land meistens richtig krass. So auch auch auf unserer Fahrt heute. Wir fahren durch menschenleere, karge, weite Landschaften, teilweise landwirtschaftlich genutzt, teilweise nicht. Dann kommt eine Stadt, in dem Fall Teruel. Sie beginnt ganz plötzlich und ist kompakt bebaut. Statt Einfamilienhaussiedlungen gibt es hier fast ausschließlich große Wohnblöcke, allenfalls enge Reihenhäuser. Wenn man wieder herausfährt, das Gleiche umgekehrt: erst Stadt, dann nichts. Und zwar gar nichts. Nur Hügel und Felsen in bizarren Formationen, Sand, Büsche. Dass nördlich von Teruel auch die landwirtschaftliche Nutzung weniger wird, mag an der Höhe liegen. Wir sind etwas überrascht, als wir feststellen, dass wir auf 1300 Metern sind.
Unser heutiges Übernachtungsziel ist Escucha, ein ehemaliges Bergarbeiterdorf, das sichtbar mit dem Strukturwandel zu kämpfen hat. Statt der Mine und Kohleverarbeitung gibt es nur noch ein Museum. Ehemalige Industriegebäude stehen wie Mahnmale in der Landschaft. Ihren Schmerz über den Verlust der Arbeitsplätze und ihres Berufs haben die Bewohner in eindrücklichen Graffitis festgehalten.
Dienstag, 14.3.
Heute ist ein reiner Fahrtag. Wir cruisen auf Landstraßen ca. 250 km weiter durch die unglaublichsten Landschaften. Von einer Kurve zur nächsten kann sich alles ändern. Wir fahren durch wüstenartige Gegenden, bei denen man geradezu erwartet, dass ein Cowboy um die Ecke geritten kommt.
Wir fahren durch Berge mit Pinienwäldern und an endlosen Plantagen mit blühenden Mandel- und Pfirsichbäumen vorbei.
Wir halten in einem Dorf namens Calanda, in dem ein riesiges Graffito von Filmemacher Luis Buñuel an einer Hauswand prangt. Wie sich herausstellt, war Calanda sein Geburtsort.
Wir fahren dem Fluß Ebro entlang, der sich tiefblau durch hohe, karge Berge windet und beim Dorf Mequienza gestaut wird.
Und wir fahren durch geschäftige und ziemlich häßliche Städte wie Lleida, bei denen wir froh sind, als wir sie endlich hinter uns lassen können.
Inzwischen sind wir in Katalonien angelangt und halten in einem Dorf namens Artesa de Segre. Auf dem Stellplatz neben uns steht ein riesiges Wohnmobil mit Anhänger und Konstanzer Nummer.
Wir machen einen Spaziergang ins Dorf, um einen Kaffee zu trinken, und treffen prompt die Nachbarn im Café. Sie sind schon seit einem halben Jahr in Spanien unterwegs und ebenfalls auf der Heimreise. Es ist ja immer wieder spannend zu hören, was andere interessiert und wo sie waren. Ralf und Petra haben ein Faible für Thermalquellen und gleich mehrere davon in Spanien gefunden. Besonders begeistert sind sie von einem Thermalsee in der Nähe von Guadix, der 38 Grad heißes Wasser hat „wie eine perfekt temperierte Badewanne“. Wir setzen den Thermalsee auf unsere Liste fürs nächste Jahr.
Mittwoch, 15.3.
Wir fahren rund 180 KM in nordwestliche Richtung auf Landstraßen zu dem kleinen Städtchen Olot, das in einem Naturpark mit Vulkankegeln liegt. Wir sind ja schon in den Vorläufern der Pyrenäen und fahren den Bergen entlang. Es sieht wieder ganz anders aus als in den Tagen zuvor, sozusagen „normaler“ für unseren mitteleuropäischen Blick. Wir werden an den Schwarzwald und die Vogesen erinnert, nur dass die Nadelbäume hier Pinien sind. Was uns immer wieder aufs Neue fasziniert, ist die unglaubliche Weite und Leere des Landes.
In Olot fahren wir auf einen Campingplatz, der beeindruckend ungepflegt ist. Aber wir werden geradezu überschwänglich herzlich vom Betreiber empfangen, der perfekt deutsch, aber dann auf meine Bitten auch spanisch spricht. Seinem jugendlichem Charme erliegen wir sofort und buchen für zwei Nächte. OK, ich geb‘s ja zu, ich erliege seinem Charme. Das Beste am Campingplatz (neben dem Betreiber) ist eine Bar, in der wir in der Sonne gemütlich ein Bier trinken.
Donnerstag, 16.3.
Heute ist ein Tag zum Ausruhen, bevor wir endgültig nach Hause fahren. Ich mache eine mittlere Wanderung um einen der Vulkankegel. Man läuft auf Pfaden durch Laubwälder, die momentan noch keine Blätter haben und deswegen auch ein bisschen Blick ermöglichen. Sehr idyllisch das Ganze. Ich orientiere mich wieder an meiner Komoot-App, aber die Wege sind hier alle gut ausgewiesen. Übrigens ist das überall so. Spanien ist super zum Wandern.
Abends trinken wir wieder unser Bierchen in der Bar. Das Spanien-Abschieds-Bierchen. Dabei treffen wir auf Eric, der Kutschfahrten im benachbarten Vulkangebiet anbietet und diverse Tourismus-Projekte verfolgt. Wir verstehen fast alles, was er uns auf spanisch erzählt. Fast…
Freitag, 17.3.
Ein bisschen wehmütig verlassen wir Spanien. Während wir die letzten Male an einem Tag durch Frankreich durchgefahren sind, machen wir dieses Mal einen Zwischenstopp. Ich habe einen Stellplatz nähe Nîmes, genauer am Pont du Gard, herausgesucht. Bisher sind wir immer nur daran vorbeigefahren.
Der Pont du Gard ist mit 49 Metern das höchste Brückenbauwerk der Römer. Er ist Teil eines 50 Kilometer langen Aquädukts, mit dem Wasser von einer Quelle bei Uzés nach Nîmes transportiert wurde. Die Wasserleitung führte über mehrere Brücken und durch mehrere zum Teil gewundene Tunnel. Trotz des geringen Höhenunterschieds von nur 12 Metern auf die 50 Kilometer flossen 35.000 Liter Wasser durch das Aquädukt, d.h. rund 400 Liter pro Sekunde.
Der Pont du Gard war also Teil einer beeindruckenden römischen Ingenieursleistung. Es ist ein gewaltiges Bauwerk, das mit 6 Meter tiefen Pfeilern im Fels des Flusses Gard verankert ist. Trotzdem wirkt die Brücke geradezu elegant. Die oberste der drei Ebenen (in der auch das Wasser floss) sitzt wie ein Hohlstichsaum auf den beiden unteren Ebenen mit ihren mächtigen Pfeilern.
Samstag, 18.3.
Auf Landstraßen fahren wir zu unserem nächsten Stellplatz in Aix-les-Bains, ca. 70 km vor Genf. Diese Strecke sind wir nun schon mehrmals gefahren, auch schon mit unserem Wohnwagen. Aber bisher immer nur auf der Autobahn. Die Fahrt über Landstraßen dauert zwar 6 Stunden (für 270 km), aber wir lernen die Gegend völlig neu kennen. Es geht durch idyllische provencalische Dörfer, das Rhonetal hoch durch das Département Drôme und über das Massif Chartreuse. Die Fahrt ist abwechslungsreich, auch wenn wir bekennen müssen, dass uns die Weite Spaniens ein wenig fehlt. Wir müssen ein bisschen umdenken.
In Aix-les-Bains haben wir bisher immer nur im Winter übernachtet und sind meistens im Dunkeln angekommen. Jetzt ist die Uferpromenade voller Menschen, die die Frühlingssonne genießen.
Sonntag, 19.3.
Unser letzter Tag. Passenderweise ist es trüb und regnet. Jetzt wollen wir nur noch schnellstmöglich nach Hause und verzichten auf die Landstraßen. Es klappt alles wie am Schnürchen. Sogar einen Stau vor Zürich können wir dank einer Routenalternative des Navis umfahren. Um 16 Uhr sind wir wieder zuhause, das Haus steht noch, und wir schaffen es, das Wohnmobil auszuladen, bevor der nächste Regenschauer einsetzt.
Was für eine tolle Reise war das!