Spanien, März 2024

Samstag, 2. März (Claus)

Wir fahren heute mit dem WoMo in die Stadt: Wocheneinkauf, Wassertank füllen (hat genau 6 Tage für uns gereicht) und Abwasser ablassen. Danach gehen wir ins Camping-Restaurant. Eigentlich, nur um einen Kaffee zu trinken, dann aber kommt uns die Idee, dass wir dort doch auch etwas zu Mittag essen könnten. Ich bestellte einen Burger mit schwarzem Brot. Ok. Dieser kam dann auch:

Das Mehl wird mit Aktivkohle gemischt. Ist leckerer als es aussieht.

Auf jeden Fall geniessen wir wieder die fantastische Aussicht und Lage des Restaurants an unserem Campinplatz.

Die Speisekarten sind mittlerweile auch 4-sprachig!

Morgen werden wir dann mal planen, wie es weitergeht. Jeannine hat noch bis/inklusive Mittwoch Schule. Leider soll es in der Woche oft regnen und „nur“ 16 Grad warm werden. Wir könnten also dann, ab ca. Donnerstag, weiterfahren – da es woanders auch regnerisch und kühler ist und wir ja mit der Schule abgeschlossen haben. Mal sehen.

Manchmal wird man beim Spülen mit wunderbaren Sonnenuntergängen belohnt.
Immer wieder ein Erlebnis: der nächtliche Blick von unserem Stellplatz auf Tarifa und die ,arokkanische Küste.

7. März, Donnerstag

Planänderung: Jeannine hat ihren Sprachunterricht bis zum Freitag (inkl.) verlängert. Also bleiben wir noch etwas länger hier. Seit 13:30 regnet es, was die nächsten Tage leider wohl so bleiben wird. Da es überall regnet, ist es auch OK, hier zu bleiben, wo wir unseren Platz haben, alles kennen und uns wohl fühlen. Zudem haben wir auch Bedenken,j einen neuen Platz zu finden (und das im Regen), da recht viele Leute unterwegs sind.
Also machen wir es uns im Auto gemütlich!


8. März, Freitag

(Claus) Gut haben wir beide einen „Kindle“ und können uns immer wieder neue Bücher „downloaden“. Denn außer Lesen bleibt einem nicht viel, da es fast ständig (seit gestern) regnet. Nichts, mit draußen sitzen und sich sonnen 🙁
Im WoMo wird es dann auf Dauer doch etwas eng, obwohl es gemütlich ist. Auch Dank unserer Dieselheizung (mit Thermostat).
Sobald Jeannine aus der Schule zurück ist, planen wir unsere „Wochenaktion“ durchzuführen. Heißt: Frischwasser auffüllen, Grauwasser ablassen und Einkaufen fahren. Mit viel Glück gibt es vielleicht einen Moment, in dem es nicht so stark regnet. Die Ausfahrt aus unserer Parzelle ist nämlich ziemlich „tricky“ – und ganz besonders, wenn der Boden sehr nass und rutschig ist. Rückwärts raus, einen kleinen Hang hinauf, dann vorwärts zwischen zwei engstehenden Bäumen hindurch zur Campingplatz-Strasse. Seit wir hier sind haben ich drei Fahrzeuge beobachtet, die beim Rangieren aufgesetzt haben. Wie wir mit unserer Trittleiter ja auch. Und in alle Fällen war es trocken. So ist dies bei einem Terrassen-Campingplatz: Sehr steile und enge Kurven, schmale Zufahrten und Wechsel der Bodenbeläge (Sand, Steine, Wurzeln und Beton)*.

*Hat heute sehr gut geklappt. Übung macht den Meister 😉

Montag, 4.3. bis Samstag, 9.3. (Jeannine)

Ich habe eine neue Routine entwickelt: Morgens ziehe mich nur an und fahre sofort nach Tarifa. Gefrühstückt wird bei Juan, in bereits erwähntem Café um die Ecke. Und zwar die ebenfalls bereits erwähnte tostada con tomate mit café con leche.

Spanisches Designercafé: Lo de Juan. Juan steht übrigens an der Theke.

Danach geht es in die Schule, um in der Pause ein zweites Mal bei Juan vorbeizugehen, diesmal nur auf einen café. Beim zweiten Mal sind immer irgendwelche Mitschüler dabei, also Rebecca, Nikki aus Schottland, oder unser neuester Zugang, Rim aus Marokko. Mit Rim kann man sich nur auf spanisch oder französisch verständigen, während Nikki sofort nach Verlassen des Schulraums ins Englische verfällt – mit starkem schottischen Akzent. Die Pausen sind deshalb immer ein ziemliches Sprachgemisch, was durchaus seinen Reiz hat.

Nach der Schule fahre ich gelegentlich noch in einem Supermarkt vorbei und bin gegen 14:30 Uhr wieder auf dem Campingplatz. Nach den Hausaufgaben hört mich Claus Vokabeln ab, und kurz darauf beginnt schon wieder die Abendroutine. 

Der Unterricht ist bei Dory zwar deutlich interessanter als bei Cindy, aber gegen das Desinteresse der beiden Jungs kann auch sie nicht viel ausrichten. Die beiden haben einfach nur Wing-Surfen im Kopf, der Spanischunterricht ist für sie wie Schule und muss mit dem geringstmöglichen Aufwand abgesessen werden. Das gibt gewisse Interessenskonflikte mit uns Erwachsenen, die wir das meiste aus dem Kurs herausholen möchten. An meinem letzten Schultag (Freitag) bin ich allein mit den beiden, und es gelingt kaum, sie aus dem Tiefschlaf zu holen. Eines ist klar: Wenn ich den nächsten Kurs belege, frage ich vorher nach, ob er jugendlichenfrei ist (letztes Jahr hatte ich ja das gleiche Thema mit zwei Schwestern). 

Jedenfalls werde ich herzlichst von Dory und von der Sekretärin Concha verabschiedet – dito von Juan und seiner Frau aus dem Café. Hasta el año próximo – bis nächstes Jahr! 

Am letzten Tag habe ich Glück mit dem Wetter. Obwohl es zwischendurch heftig schüttet, komme ich regenfrei nach Tarifa und wieder zurück. Für Samstag ist Regen und Sturm angesagt, und wir machen deshalb vorher nochmal unsere Ent- und Versorgungstour nach Tarifa. Den Samstag verbringen wir mehr oder weniger im Wohnmobil, das zweitweise vom Wind recht durchgeschüttelt wird.

Sonntag, 10.3. bis Montag, 11.3.

Nach dem völlig verregneten und stürmischen Samstag wird das Wetter am Sonntag langsam besser. Wir gehen zum Abschied zusammen mit unserem Langzeitnachbarn Tom in der Chozo-Bar Mittagessen. Tom und ich teilen uns einen Fisch, Claus isst Steak – und wir genießen das beste Essen, das wir bisher in Spanien hatten.

Eigentlich wollen wir am Montag abreisen. Aber es ist ja so schön hier! Wir lernen Geoff und Penny aus Northumberland in Nordengland kennen. Sie kamen vor dreißig Jahren das erste Mal hierher und sind der festen Überzeugung, Torre de la Peña sei der schönste Campingplatz der Welt. Wenn das stimmt, stehen wir zudem auf der schönsten Parzelle des schönsten Campingplatzes. Wir werden geradezu wehmütig – und bleiben noch einen Tag. 

Montag ist traumhaft schön und für Tarifa-Verhältnisse geradezu windstill. Zumindest vormittags. Ich fahre ein letztes Mal mit dem Rad in die Stadt.

Hafen von Tarifa mit Mole (limks) umd Leuchtturm aif der vorgelagerten Insel (rechts).

In der Innenstadt sind deutlich mehr Geschäfte und Restaurants geöffnet und deutlich mehr Touristen unterwegs. Überall hängen Plakate, die auf die Semana Santa, die heilige Woche vor Ostern, hinweisen. Von Palmsonntag bis Ostersamstag gibt es in allen spanischen Städten Prozessionen. Zu getragener Musik und dumpfen Trommeln werden Altäre durch die Straßen getragen. Die Prozessionsteilnehmer tragen Kutten und spitze Kapuzen, die an den Ku-Klux-Clan erinnern (vermutlich sind die spanischen Kostüme älter). Das Ganze sind Büßer-Prozessionen. Heute ist jedenfalls von Buße nichts zu spüren. Statt dessen herrscht eine heitere, entspannte Atmosphäre im Städtchen.

Dienstag, 12. März

Nach innigen Verabschiedungen mit diversen „abrazos“ (Umarmungen) von den Campingplatzmitarbeitern starten wir.  Das heutige Ziel ist Malaga, wo es eine lebendige Kunstszene anzuschauen gibt. Wir kaufen nochmal ein, tanken und trinken einen Abschiedskaffee auf dem (höchsten) Aussichtspunkt zwischen Tarifa und Algeciras. Den Stellplatz oberhalb von Malaga finden wir erst auf den dritten Anlauf. Wir haben zwar reserviert, aber der Platz ist voll und  gefällt uns überhaupt nicht. Also zum nächsten Campingplatz am Meer. Auch dort drehen wir eine Ehrenrunde, bis wir den Eingang gefunden haben. Auch dort ein Hinweisschild, das alles voll ist. Jetzt haben wir die Nase voll und entschließen uns weiterzufahren. Am Ende landen wir auf dem Stellplatz in Antequera, wo wir letztes Jahr schon mal waren. 

Stellplatz in Antequera – mit phantastischem Blick in die Umgebung.

Also, das mit dem spontanen Herumreisen wird wohl nicht so klappen wie wir uns das vorgestellt haben. Zumindest nicht an der Küste. Letztere werden wir jetzt erstmal meiden. Dito die großen Städte. 

Mittwoch, 13. März

In der Nacht stürmt es, dass das Wohnmobil wackelt. Wir haben offensichtlich den Wind aus Tarifa mitgebracht. Der starke Wimd macht auch unseren geplanten Ausflug zu den Felsformationen von El Torcal, etwa 10 km oberhalb von Antequera, wenig sinnvoll. Wir machen nur einen Ausflug in die Stadt, ich schaue mir nochmal die phantastischen Bilder von Cristobal Toral an, dem ich letztes Jahr im hiesigen städtischen Museum entdeckt hatte.

Gepäck und Koffer symbolisieren für Christobal Toral das Leben schlechthin.

Und wir gehen essen im Aussichtsresgaurant El Mirador, das wir von unserem Stellplatz aus zu Fuß erreichen können. Und egal wo wir sind, sieht man (fast) von überall den markanten „Berg der Liebenden“ (La Peña de los Enamorados).

Der Legende nach sollen sich im Mittelalter ein junger Christ und seine heimliche muslimische Geliebte auf der Flucht vor ihrem Vater von dem Felsen in den gemeinsamen Tod gestürzt haben. Der markante Fels mit dem gen Himmel blickenden Gesicht war allerdings schon in prähistorischer Zeit ein wichtiger Bezugspunkt – noch vor der christlich-muslimischen Romeo-und-Julia-Geschichte.

Donnerstag, 14. März

Heute ist ein perfekter Tag für unseren Ausflug zum Naturpark El Torcal. Auffaltungen und Erosion haben aus dem Karstgebirge südlich von Antequera eine wahre Skulpturenlandschaft bizarrer Felsformationen geschaffen.

Als wir gegen 11 Uhr auf dem Parkplatz ankommen (und auch gleich einen Platz finden), ist schon recht viel Betrieb. Es gibt eine Rundwanderung durch das Gebiet, die praktisch alle machen. Man startet sozusagen gemeinsam – in unserem Fall zwischen zwei Schulklassen. Aber die müssen ja notgedrungen immer wieder anhalten, um den Erklärungen der Lehrerin zu folgen, und können deshalb überholt werden. Irgendwann ist man dann ziemlich allein und kann die bizarren Felsformationen auf sich wirken lassen.

Zurück am Ausgangspunkt ist der Parkplatz inzwischen brechend voll, und von Bergruhe nichts mehr zu spüren – oder zu hören. Nichts wie weg hier! 

Wir gehen nochmal im Aussichtsrestaurant mittagessen, weil wir später bei unseren englischen Camping-Nachbarn Penny und Geoff (vom Campingplatz in Tarifa) eingeladen sind. Sie haben ganz in der Nähe von Antequera ein Haus und haben uns so herzlich gebeten, doch einen Abstecher zu machen, dass wir nicht nein sagen wollten. Auf dem Weg in das Dorf Villanueva de Algaidas führt uns das Navi leider quer durch die Altstadt von Antequera. Eigentlich wissen wir ja, dass wir die Umfahrung nehmen sollten, aber manchmal folgt man eben einfach brav den Anweisungen – und muss dann häifig die Luft anhalten. Es ist nicht nur eng und steil, sondern offensichtlich auch Schulschluss. Die Sträßchen sind gepackt voll mit Kindern und Eltern. 

Hinter Antequera wird es aber gleich leerer und weiter. Die rollenden Hügel sind getupft mit endlosen Reihen von Olivenbäumen. Auch der Ort Villanueva de Algaidas scheint von der Olivenproduktion zu leben, wie die Ölmühle gleich am Ortseingang signalisiert. Übrigens nicht nur dieser Ort. Andalusien ist das weltweit größte Anbaugebiet von Oliven. Es gibt 200 Millionen Olivenbäume in der Provinz – 23 Bäume auf jeden Einwohner. 

Penny und Geoff haben sich hier vor zehn Jahren ein Haus gekauft. Die ersten Jahre nutzten sie es nur als Ferienhaus, inzwischen teilen sie das Jahr auf in eine Hälfte Spanien und eine zuhause in Nordengland (bei Kindern und Enkeln). Die ersten Jahre haben sie das Haus mit sehr viel Eigenarbeit instand gesetzt, jetzt ist der Garten dran. Geoff war Geologie-Professor und ist sehr interessiert an unser geplanten Erdsondenbohrung zuhause. Er will als erstes wissen, durch welche Gesteinsschichten gebohrt werden soll – aber dabon haben wir natürlich überhaupt keine Ahnung. Er lädt sich sofort die geologischen Daten der Schweiz herunter und gibt uns per whatsapp eine erste Einschätzung. Es ist ein unterhaltsamer Nachmittag, während dessen wir buchstäblich über Gott und die Welt plaudern. Praktischerweise gibt es in Villanueva de Algaidas einen Stellplatz, so dass wir nicht mehr weit fahren müssen. 

 Freitag – Samstag, 14. – 15. März

Auf dem Stellplatz können wir alles entsorgen und Frischwasser tanken. Um die Ecke gibt es außerdem einen Supermarkt. Wir fahren nur etwa 150 km nach Grazalema in den gleichnamigen Bergen. Dort waren wir schon letztes Jahr, aber ohne eine der Wanderungen zu unternehmen, die hier möglich sind. Der Weg dorthin führt uns durch Olivenebenen und Olivenhügel immer weiter in die Berge.

An einem Felsen kreisen sicher 50 Geier – die wir leider nicht fotografieren können, weil wir nirgends anhalten können. Ein majestätischer Anblick.

Wir stehen wie letztes Jahr auf einem Stellplatz am oberen Ende des Dorfes. Außer Mülleimern gibt es hier zwar keine Infrastruktur, dafür aber einen sagenhaften Blick aufs Dorf und hinunter ins Tal. Der Platz ist äußerst beliebt bei Campern, wir sind also nicht allein!

Die Wanderwege hier sind zum Teil perfekt ausgeschildert- zum Teil aber leider nicht. Am Freitag klappt die kleine Nachmittags-Wanderung ganz wunderbar, am Samstag muss ich leider umkehren. Aber egal, das Wetter ist traumhaft, und es gibt wunderbare Ausblicke in alle Richtungen. Und auch hier kreisen die Geier, wenn auch nicht so viele.

Blick von Süden auf Grazalema.
Ach ja, Gemsen gibt es hier auch!
Oberhalb von Grazalema liegt ein kleiner Stausee.

Wir stehen ja wie gesagt auf einem Stellplatz zwischen diversen anderen Wohnmobilen. Das kann gelegentlich nervig sein, je nachdem wer es ist und was sie so machen. Oder es kann für ungeahnte Erlebnisse sorgen. Wie z.B. Samstag Abend, als wir in den Genuss eines Privatkonzertes kommen. Ein Gitarrist spielt und singt spanische klassische Lieder. Er hat eine eher leise, fast rauchige Stimme, die perfekt zu den melancholische Klängen der Musik passt. Seine Frau sitzt auf dem Stuhl gegenüber und hält eine Art Riesen-Kindle mit den Noten. Wir bedanken uns und genießen, bis die Abendkälte uns alle in die Autos treibt.

Sonntag bis Mittwoch, 16. bis 20. März

Wir müssen dringend waschen und suchen deshalb einen Campingplatz. Das ist gar nicht so einfach. Viele haben noch nicht geöffnet, und viele sind voll. Wir finden schließlich einen geöffneten und nicht belegten Campingplatz in einem Naturpark nordöstlich von Sevilla. Der Weg dorthin führt uns zunächst auf Serpentinen aus der Sierra de Grazalema heraus. Zwischendurch genießen wir wunderbare Ausblicke auf das schroffe Karstgebirge. Allerdings kommen uns Dutzende von Motorradfahrern entgegen, für die Verkehrsregeln nicht gelten. Klar, es ist Sonntag und schönes Wetter! Nach dem Gebirge folgt die weite, fruchtbare Ebene des Quadalquivir.

Felder soweit das Auge reicht. Und ausnahmsweise keine Olivenbäume!

.Mittendrin erhebt sich ein Hügel, auf dem das Örtchen Carmona thront. Es hat eine maurische Festung (natürlich) und eine interessante Kirche im Mudejar-Stil, deren Turm der Giralda in Sevilla nachempfunden ist. 

Maurische Alcazaba in Carmona.
Kirche und Kirchturm in Carmona.

Nachdem wir den Fluß überquert haben, wird es langsam wieder hügeliger, und wir fahren ins nächste Naturschutzgebiet, die Sierra Morena. Auf winzigen Sträßchen erreichen wir den Campingplatz, und der ist wirklich im absoluten Nirgendwo. Er gehört zum Dorf Cazalla de la Sierra, ist aber 10 km außerhalb davon. Erstaunlich ist, dass er überhaupt geöffnet hat. Außer uns stehen hier genau noch zwei Wohnmobile. Wir sind also zu dritt auf dem gesamten Campingplatz und teilen uns eine große Wiese, auf der Raps in voller Blüte steht und mit seinem Duft eine Armada von Bienen anlockt. Ein prächtiger Hahn stolziert in der Gegend herum, im Gefolge zwei ebenso schöne Hühner.

Eine Bahnlinie führt am Campingplatz entlang, auf der alle zwei Stunden ein Zug entlang fährt. Gelegentlich wird gearbeitet: Am Montag reinigt eine Bahnequipe den Grünstreifen entlang der Gleise, und Mittwoch wird der Campingplatz mit einer Motorsense gemäht. Ansonsten ist hier die absolute Stille! Nicht mal Handyempfang gibt es hier.

Fast wie Wildcampen!

Die Gegend ist absolut perfekt zum Radfahren. Neben der aktuellen Bahnlinie führt eine stillgelegte Trasse, die zu einer „via verde“ umgebaut wurde. Auf diesen grünen Wegen (die es ja auch in Italien und in Frankreich gibt) ist das Radfahren ein absolutes Vergnügen. Aber auch die Landstraßen sind schöne Radstrecken, weil es praktisch keinen Verkehr gibt. Eventuell liegt es am Naturschutzgebiet, dass hier kaum Landwirtschaft betrieben wird. Es gibt Wiesen, Bäume, kleine Wälder, vorwiegend aus Korkeichen. Einige Schafe, Ziegen und Kühe grasen vor sich hin, das Ganze aber wirklich sehr extensiv. Gelegentlich versteckt sich ein Weingut in einem der Täler. Aber ansonsten – Natur pur, durch die man kilometerweise radeln kann, ohne einem Menschen zu begegnen. Vielleicht ist es am Wochenende anders. Wir genießen jedenfalls jede Minute. Am letzten Tag fahren die beiden anderen Wohnmobile weg, und wir stehen ganz allein auf unserer Wiese. Am Abfahrtstag wird die Wiese gemäht – Zeit zu gehen.

Im nächsten Dorf San Nicolás del Puerto: Storchennest auf dem Kirchturm.

Donnerstag, 21.3. bis Freitag, 22.3.

Auf besagten Sträßchen kurven wir mit 25 km/h durch das Naturschutzgebiet, bis wir auf größere Straßen weiterfahren können Richtung Mérida. Wir vergeben ja interne Namen für die Campingplätze, die wir besuchen. So nennen wir den letzten Platz „Raps-Camping“. Beim Campingplatz in Mérida haben wir uns anfangs noch überlegt, von welchen Tieren wohl die recht großen Köttel auf dem Platz stammen. Ganz klar, wir sind auf dem „Schafs-Camping“. 

Camplingplatz in Mérida mit natürlichen Rasenmähern.

Mérida ist die Hauptstadt der Provinz Extremadura und war 25 v.Chr. vom römischen Kaiser Augustus als Kolonie für Veteranen römischer Legionen gegründet worden. Im Laufe der Zeit errichteten die Römer mehrere repräsentative Gebäude, von denen viele heute noch als Ruinen existieren. Ein imposantes Aquädukt spannt sich über das 830 m breite Flusstal und bestand ursprünglich aus 100 Pfeilern. Heute nisten Störche auf den Pfeilerresten. 

Acueducto de los Milagros in Mérida.

Die Puente Romano mit ihren 62 Pfeilern auf 755 Metern gilt als die längste Brücke, die aus der Antike erhalten blieb.

Bis in die 90er Jahre floss der Verkehr über die alte römisch Brücke in Mérida.

In unmittelbarer Nähe kommt  man an einer anderen Bogenbrücke vorbei, die durch ihre Leichtigkeit und Eleganz besticht und aussieht als wäre sie von Santiago Calatrava. Was sie auch ist! Die Lusitania-Brücke wurde Anfang der Neunziger Jahre errichtet. Bis dahin floss der Verkehr über den Fluß Guadina noch über die alte Römerbrücke. 

Lusitania-Brücke von Calatrava.

Für die Unterhaltung ihrer Veteranen, errichteten die Römer ein Amphitheater, in dem heute noch Theaterfestspiele ausgetragen werden, sowie den größten Circus Maximus des Reiches für Wagenrennen (Ben Hur…). In der 600 Meter langen und 140 Meter breiten Arena hatten bis zu 250.000 Menschen Platz! Kaum vorstellbar, selbst für heutige Verhältnisse nicht.

Samstag, 23.3. bis Sonntag, 24.3.

Wir fahren in den Nationalpark de Monfragüe, der für seine Greifvogelkolonien bekannt ist. Bereits auf dem Weg dorthin entdecken wir eine weitere Besonderheit der Gegend, sogenannte „dehesas“. Das sind naturbelassene Weiden mit Stein- und Korkeichen, auf denen Schafe, Ziegen und Rinder weiden; oder Schweine, die sich an den Eicheln gütlich tun und sich dabei den berühmten „pata negra“ anfressen (den bekanntesten spanischen Schinken). Unsere Reisezeit ist absolut perfekt. Die Weiden stehen in voller Blüte und sind berückend schön. Sie erinnern an Landschaftsgemälde aus dem 18. Jahrhundert. Es fehlt nur die Schäferin, die an einer Steineiche lehnt. 

Auf den Weiden blühen Frühlingsblumen und grasen Schafe.

Im Naturschutzgebiet ist ein großes Wasserreservoir, das von verschiedenen Flüssen gespeist wird. An einer Engstelle stehen sich auf beiden Seiten hohe, karstige Felswände gegenüber, in denen Geier hausen. Der Aussichtspunkt „Salto de Gitano“ (Zigeunersprung) ist ein beliebter Punkt, um die Geier kreisen und von den Felswänden herunter stürzen zu sehen.

Wer zur Burgruine hochläuft, die oberhalb der Felsen thront, wird mit phantastischen Ausblicken auf die Gegend belohnt.

Die Geier sind äußerst majestätisch, wenn sie in der Luft sind, aber von beeindruckender Hässlichkeit, wenn sie nicht fliegen. Wir fahren an einem Tümpel vorbei, an dem sicher zehn Geier stehen, als warteten sie auf das nächste Aas. Leider können wir nicht anhalten, um diesen Anblick zu fotografieren.

Montag, 24.3. bis Mittwoch, 26.3.

Eigentlich wollen wir zu einem Stellplatz in die Kleinstadt Plasencia fahren. Allerdings ist der Platz völlig überfüllt, und wir kommen nur mit einem mühsamen Rückwärtsmanöver wieder heraus. Wir landen auf einem Campingplatz außerhalb des Städtchens, der allerdings nicht so toll ist, und fahren am nächsten Tag das Tal de Jerte weiter bis Navanconcejo. Das Tal ist bekannt für seine vielen Kirschbäume, die zur Zeit in voller Blüte stehen. Der  Campingplatz hat ein sehr gutes Restaurant und die hübschesten Bungalows, die wir je gesehen haben. Es sind kleine Steinhäuschen, wie an einer Dorfstraße aufgereiht.

Kirschblüte im valle de Jerte.
Das ist Lebensfreude pur! Fresco in der Dorfmitte von Navanconcejo.

Leider wird das Wetter immer schlechter. Während wir am Ankunfstag noch einen Spaziergang ins Dorf machen können, schüttet es am Mittwoch von morgens bis abends. Da wünscht man sich eines der Steinhäuschen, aus denen der Geruch von Holzfeuer dringt. 

Trübe Aussichten!

Donnerstag, 27.3. bis Sonntag, 31.3.

Ja, und dann gibt es am Mittwochabend noch eine schlechte Nachricht aus der Heimat, die klar macht, dass wir nach Hause fahren müssen. Die Strecke die wir eigentlich gemütlich in den verbleibenden vier Wochen fahren wollten, fahren wir nun in 3,5 Tagen. Leider spielt das Wetter nicht mit, d.h. entweder es schüttet oder es stürmt. Am Donnerstag schaffen wir es bei orkanartigen Windböen bis Victoria-Gasteiz im Baskenland. Freitag regnet es sintflutartig, so dass wir uns teilweise mit 60 km/h über die Autobahn quälen. Wir landen auf dem schönsten Stellplatz unserer Tour kurz vor Carcassonne im Dörfchen Bram.

Diese Skulptur auf einem Rastplatz bei Pau erinnert an die Pyrenäen-Etappen der Tour de France.

 Nach einem letzten Stop auf unserem „Schrankencamping“, dem Stellplatz in Aix-les-Bains sind wir am Ostersonntag Nachmittag wieder zuhause.

Alpenpanorama im Thurgau.

…..

Spanien, Januar/Februar 2024

Mittwoch, 24.1.

Wir starten – endlich! Bei Sturm und Regen cruisen wir durch die Schweiz und erreichen ohne große Zwischenfälle unseren ersten Übernachtungsplatz in Aix-les-Bains. Nachdem wir schon mehrmals dort waren, finden wir auch im Dunkeln den Weg und können das Bezahlterminal auf Anhieb zum Öffnen der Schranke motivieren. Das Chili con Carne ist schnell aufgewärmt und ebenso schnell gegessen, und wir fallen um 22 Uhr ins Bett.

Donnerstag, 25.1. 

Schon vor der Abfahrt überlegen wir, dass wir auf dem Weg nach Spanien einen Zwischenstopp einlegen könnten, z.B. in Avignon. Von Aix-les-Bains sind das knappe 300 km. Wie sich herausstellen wird, werden wir mehrere Zwischenstopps benötigen. Bereits nach etwa 70 km werden wir von der Autobahn heruntergeleitet, ohne dass eine Ausweichstrecke ausgeschildert wäre. Das Gleiche passiert uns kurze Zeit später nochmal. Irgendwann begreifen wir, dass auch die Hauptautobahn Richtung Marseille gesperrt ist, und zwar über etwa 150 km. Wir können uns keine Baustelle über diese Länge vorstellen. Aber kein Problem, wir fahren ja auch gerne auf Landstraßen. Das machen wir also und zuckeln auf kleinen Sträßchen durch das Departement Drôme. Inzwischen scheint die Sonne, kein Wölkchen ist am Himmel, wir gondeln durch malerische Landschaften und pittoreske Dörfer, an Lavendelfeldern und Weinreben vorbei. Allerdings sind wir nicht allein. Nicht nur wir müssen eine Ausweichroute für die gesperrte Autobahn suchen.  Die anderen Autofahrer und vor allem die LKWs preschen ebenfalls über die schmalen Landsträßchen  und durch die pittoresken Dörfer. Mehrmals halten wir die Luft an, wenn uns ein 30-Tonner in einer Kurve den Weg abschneidet. Claus fährt souverän wie immer, aber es wird zunehmend anstrengender.

Die Lavendelfelder sind um diese Jahreszeit noch grau.
Stau vor malerischer Kulisse: typische französische Allee.

In einem Dorf namens Sainte-Cécile-les-Vignes geht dann gar nichts mehr. Von allen Zufahrtstraßen quetscht sich der Schwerlastverkehr in das Dorf und blockiert sich gegenseitig. Die (einzige) Kreuzung in der Dorfmitte sieht aus, als hätte jemand eine Handvoll Bauklötze hineingeworfen. Eine einsame Polizistin bemüht sich ebenso verzweifelt wie vergeblich, die Klötze zu sortieren und den Verkehr zu regeln. Wir brauchen eine geschlagene Stunde für die 1,5 km lange Ortsdurchfahrt.

Schon kurz vor dem Stau beschließen wir, nicht mehr bis Avignon zu fahren, sondern den nächstgelegenen Stellplatz nähe Orange anzusteuern. Er gehört zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, und der Platzwart löst dann auch das Rätsel der Autobahnsperrung und des heutigen Verkehrschaos: Bauernproteste!  Landwirte blockieren die wichtigsten Autobahnen über Hunderte von Kilometern. Den französischen Landwirten geht es auch um die Steuern auf Agrardiesel, aber nicht nur. Sie bemängeln immer geringere Einkünfte bei gleichbleibend (viel) Arbeit, zunehmende Bürokratisierung sowie die immer knapper werdenden Wasserresourcen. Übrigens markieren die Bauern ihre Proteste auch dadurch, dass sie die Ortsschilder verkehrt herum anschrauben.

Ortsschild aif dem Kopf als Zeichen des Protests.

Am Wochenende soll ganz Paris von Traktoren abgeriegelt werden. Unser Gastgeber erklärt uns, wie wichtig das sei!

Stellplatz mit Vollmond bei Orange.

Wir sind nach sieben Stunden Fahrt für 290 km ziemlich geschafft und freuen uns nur noch auf Spaghetti, Rotwein und die Koje. Morgen werden wir überlegen, ob wir einfach ein paar Tage an der französischen Mittelmeerküste abwarten oder versuchen sollen, so schnell wie möglich auf Schleichwegen nach Spanien zu gelangen.

Freitag, 26.1.

Wir entscheiden uns für die Variante Abwarten am Meer. Mit der Navigationsapp von tomtom (empfehlenswert!) umschiffen wir die Staus in Orange und fühlen uns wie ortskundige Einheimische. Ohne Verzögerungen fahren wir an Avignon vorbei und durch die Camargue, wo tatsächlich überall die sprichwörtlichen weißen Pferde herumlaufen, an die Küste nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Der Ortsname bezieht sich auf zwei Marien (Maria Salome und Maria Jakobäa), die die Auferstehung Christi miterlebt haben und im Jahre 45 n.Chr. in einer Barke über das Mittelmeer in die Camargue gelangt sein sollen. Mit dabei ihre Dienerin Sara. Die Reliquien aller drei heiligen Frauen sind in der Krypta der Hauptkirche des Ortes „Unsere liebe Frau des Meeres“ bestattet. Die Reliquen der heiligen Sara sind Ziel einer jährlichen Pilgerfahrt von Zigeunern, die jedes Jahr im Mai stattfindet. 

In der Krypta der romanischen Kirche in Saintes-Maries-de-la-Mer liegen die Reliquien der drei Heiligen.

Von Pilger- oder touristischem Rummel ist bei unserem Besuch allerdings nichts zu spüren. Die Bürgersteige sind hochgeklappt, ca. 95% aller Restaurants, Geschäfte, Hotels und alle touristischen Attraktionen geschlossen. Das Städtchen liegt in tiefem Winterschlaf. Das ermöglicht einen einsamen Strandspaziergang bei schräger Wintersonne. Auch schön.

Wintersonne am Strand in der Camargue.
Und Abendstimmung!

Die größte Herausforderung wird sein, hier wieder wegzukommen. Für das Wochenende haben die Bauern den Streik nochmal ausgeweitet. Die gesamte Autobahn bis zur spanischen Grenze ist gesperrt. Immerhin gibt es schlimmere Gegenden als die Camargue, in denen man stranden kann. 

Samstag, 27.1.

Wir beschließen, unser Glück zu versuchen und vertrauen auf tomtom für die Stauvermeidung. Das klappt mit wenigen Ausnahmen auch ganz wunderbar, und wir fahren auf malerischen Routen und kleinen Nebensträßchen bis kurz hinter Narbonne.

Ab dort ist die Autobahn wieder frei. Welch eine Wohltat! Dafür steht der Verkehr auf der gegenüberliegenden Fahrbahn auf einer Strecke von etwa 20 Kilometern.

Wir haben freie Bahn, aber gegenüber staut sich der Verkehr über 20 Kilometer. D.h. Dort standen auf drei Fahrspuren rund 3000 LKWs.

Nach 6 Stunden Fahrtzeit für 370 km landen wir in Figueres, kurz hinter der französisch-spanischen Grenze.

Sonntag, 28.1.

Wir machen einen Abstecher zum Dalí-Museum. Salvador Dalí lebte die meiste Zeit seines Lebens in der Nähe seines Geburtsortes Figueres. Das Städtchen vermachte ihm das ehemalige Stadttheater, das Dalí in mehreren Jahren zu seinem eigenen Museum umbaute und umgestaltete: zum Teatro-Museo Dalí. Das ganze Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk und bis in die letzte Nische mit Installationen, Skulpturen, Zeichnungen und Gemälden bestückt. Dalí lädt die Besucher ein, in seinen surreal-phantastischen Kosmos einzutauchen. Ins Auge springen die Installationen wie der Cadillac im Eingangsbereich, auf dessen Dach eine nackte Frau steht, die ein umgedrehtes Geisterschiff hinter sich herzieht.

In Dalís „Regentaxi“ werden zwei Schaufensterpuppen bewässert. Oben das imgedrehte Geisterschiff.

Oder der Mae West-Raum, in dem das Bild Dalís „Das Gesicht von Mae West“ nachgestellt wird; das eigentliche Bild entsteht, wenn man auf eine Leiter steigt und durch eine große Linse blickt.

Am beeindruckendsten jedoch sind die Bilder, Grafiken, Tuschezeichnungen und ein großes Deckenfresco, die Dalís grandioses Können zeigen. Nicht nur, dass er zeitgenössische Maler wie Picasso, Matisse oder Fernand Léger perfekt und mit einem Augenzwinkern adaptieren konnte.

Vor allem entwickelte er seine surreale Traumwelten mit großer Präzision und technischen Können. Jede Oberfläche, jede Textur, jeder Hintergrund zeigen Nuancen und Tiefe. Jeder Strich sitzt. Egal, ob es ein Ölgemälde in Miniaturformat oder ein Deckengemälde von etwa 10 x 4 Metern handelt. Die schiere Fülle an Eindrücken ist zu viel für nur einen Besuch. Wir waren sicher nicht das letzte Mal hier.

Soft Self Portrait.
Allgegenwärtig: Dalís Frau und Muse Gala. Hier als „Gala atomique“.

Nach dem Besuch im Dalí-Museum fahren wir nach Calafell, das ziemlich genau zwischen Barcelona und Tarragona liegt. Der Stellplatz liegt auf dem Hafengelände und ist nicht direkt schön, aber speziell. Wir machen einen Spaziergang am Hafen – zumindest soweit es die Absperrungen zulassen – und landen in einem Strandrestaurant mit Sonnenuntergang. Den genießen wir zusammen mit einem deutschen Paar aus Berlin, das einen Zweitwohnsitz im französischen Carcasonne hat. Nachdem die Sonne untergegangen ist, müssen wie noch bis 20 Uhr warten (zwischenzeitlich legen zwei Stromausfälle alles lahm),  bevor uns das Restaurant etwas zum Essen serviert. Der Magen hängt uns in den Kniekehlen, aber die Fleischportionen (es ist ein argentinisches Restaurant!) lassen jeden Hunger bald vergessen.

Montag, 29.1.

Wir fahren weiter Richtung Valencia. Es geht entlang endloser Orangen- und Olivenplantagen, Richtung Meer mit Blick auf Bettenburgen im Hochhausformat. Der Campingplatz südlich von Valencia, den wir uns ausgesucht haben, liegt in einem Naturschutzgebiet zwischen Meer und einem Binnensee. Er bietet so ziemlich jede Animation, die man sich vorstellen kann, von Spa bis Reitparcours, aber das brauchen wir alles nicht. Eigentlich wären wir gerne zwei Nächte geblieben, aber es ist alles ausgebucht. Im Januar! Die gleiche Auskunft werden wir auch auf dem nächsten Campingplatz erhalten. Spanien im Winter ist beliebt bei Campern.

Dienstag, 30.1.

Wir werden also heute weiterfahren. Vorher schaue ich mir jedoch in Valencia die Gebäude von Santiago Calatrava an. Der Bus fährt auf direktem Wege vom Campingplatz zur „Stadt der Künste und Wissenschaften“. Das Gebäudeensemble liegt im ausgetrockneten Flussbett des Túria, und besteht aus einem Aquarium („Océanografíc“),  einem Veranstaltungszentrum für Vorträge und Konzerte („Àgora Caixaforum“), einem naturwissenschaftlichen Museum, einer Art Orangerie im Freien („Umbracle“), einem Kino („Hemisfèric“) und einem Konzert- und Opernhaus („Palau des les Arts“). Die Gebäude erstrecken sich über ein Gelände von rund einem Kilometer. Sie werden durch Wege und Wasserbecken verbunden, in denen sich die Gebäude spiegeln. Zwei Brücken überqueren das Gelände, die Pont de Montolivet im Norden und eine spektakuläre Schrägseilbrücke, Pont de L‘Assut d‘Or, im Süden. Beide natürlich ebenfalls von Calatrava. 

Caixa-Forum und Schrägseilbrücke Pont de l‘Assut d‘Or.
Palau des les Arts.

Alle Elemente sind aus hellem, fast weißen Beton gefertigt und teilweise mit weißen Fliesen verkleidet, wodurch ein Wechsel von stumpfen und glänzenden Oberflächen entsteht. Außerdem reflektieren alle Bauteile, die direkt über den Wasseroberflächen liegen, die Wasserfarbe. Sie erscheinen heute in einem hellen Türkiston. Diese Farbe wiederum hängt wahrscheinlich von der Farbe des Himmels ab, der heute leider bedeckt ist. 

Die Kuppel in Hemisfèric ist weiß gefliest.
Die Unterseite des Trägers Naturwissenschaftlichen Museum reflektiert das Wasser und schimmert türkis,

Calatrava ist nicht nur bekannt für seine kühnen Brückenbauten, sondern auch dafür, Strukturen aus der Natur zu adaptieren. Manche Elemente erinnern an Blattrippen oder an Astgabelungen. „Hemisfèric“ kommt wie ein gigantisches Insekt daher. 

Insekt? Oder UFO? Calatravas Kino Hemisfèric.

Die Altstadt von Valencia ist ein Kontrastprogramm zu Calatravas kühner, moderner Architektur. Eines der markantesten Gebäude aus dem Mittelalter ist die Lonja de la Seda, die alte Seidenbörse. Sie gilt als eines der bedeutendsten Gebäude der profanen Gotik in Europa. Besonders beeindruckend ist der „Vertragssaal“. Acht spiralförmige Säulen gehen ohne Kapitelle in die Kreuzbögen der Deckengewölbe über und tragen die 14 Meter hohe Decke. An den Außenwänden nehmen Halbsäulen die Deckenlast auf und ermöglichen, dass die Außenmauern „nur“ zwei Meter dick sind.

Spiralförmige Säulen im „Vertragssaal“ der Seidenbörse.

Im ersten Stock hat das sogenannte Meereskonsulat („Cosolado del Mar“) eine unglaublich reich verzierte Kasettendecke und einen ebenso schönen dreifarbigen Marmorfußboden.

Kasettendecke und Marmorfußboden im Meereskonsulatsraum.

Direkt gegenüber der Seidenbörse liegt die Markthalle von Valencia, die zwischen 1914 und 1928 im valencianischen Jugendstil erbaut wurde. Mit der großen Glaskuppel im Zentrum und den beiden Längsschiffen erinnert sie eher an eine Kirche als an ein kommerzielles Gebäude. Das kleinere der beiden Schiffe ist ausschließlich dem Verkauf von Fischen und Meerestieren gewidmet. In der größeren Halle gibt es alles Weitere, was das Herz begehrt, von Safran in verschiedenen Qualitätsstufen bis zu Monster-Radieschen.

Glaskuppel in der Markthalle vo. Valencia.
Monster-Radieschen gefällig?

Bei der Rückfahrt mit dem Bus lege ich einen Umweg ein. Wer denkt denn auch, dass die Linie 24 nicht zur gleichen Endstation fährt wie die Linie 25… Ich lande zwar nur etwa 2 km vom Campingplatz entfernt, aber dazwischen liegt ein See! Der Busfahrer ist sehr nett und lässt mich kostenlos eine Station zurückfahren, wo Claus mich mit dem Wohnmobil aufliest. 

Da wir ja auf dem Campingplatz in Valencia nicht bleiben können, fahren wir zu unserer nächsten Station nach Sax, etwa 50 km nordwestlich von Alicante. Der Ort liegt zwar eigentlich im Nirwana, aber nahe einer Autobahn und bietet sich deshalb als Übernachtungsplatz an. Auf dem Campingplatz waren wir bereits zweimal und haben die Herzlichkeit der Betreiber, Charmaine aus Englandund Julien aus Frankreich, schätzen gelernt. Wir würden sehr gerne zwei Nächte bleiben, aber auch hier ist alles ausgebucht. So genießen wir leider nur eine ruhige Nacht in der Idylle zwischen Olivenplantagen.

Mittwoch, 31.1.

Wir fahren weiter Richtung Südwesten nach Tabernas. Das Städtchen liegt am Rand der einzigen europäischen und der kleinsten Wüste der Welt (Desierto de Tabernas) und ist berühmt als Filmstadt. Ja genau. Hier in der Gegend wurden alle Italo-Western gedreht, unter anderem die von Sergio Leone, Lawrence von Arabien, einer der Indiana Jones-Filme und viele weitere. Hier ist alles auf Western getrimmt. Unser Stellplatz am Stadtrand kultiviert neben einer Minigolfanlage eine Westernstadt, das dazugehörige Lokal nennt sich Route66 (ok, nicht ganz Western) und hat diverse Ami-Schlitten-Oldtimer ums Gelände drapiert.

Donnerstag, 1.2.

Kurz hinter Tabernas gibt es noch die ehemaligen Filmsets, die diverse Western-Attraktionen bieten. Letztere sparen wir uns und beobachten das Ganze nur aus der Ferne.

Spanische Wüste als Filmkulisse.

Die eigentliche Wüste, bzw. das Naturschutzgebiet Tabernas-Wüste, beginnt direkt hinter den Filmsets. Erstaunlicherweise gibt es bis kurz davor und auch wieder kurz dahinter die üblichen Oliven- und Mandelbaumplantagen. Die Mandelbäume fangen gerade an zu blühen, was ganz wunderbar aussieht. Aber ausgerechnet Mandelbäume? In der Wüste? Für die Produktion von 1 kg Mandeln werden 15.000 Liter Wasser gebraucht. Klar muss dafür ziemlich tief gebohrt werden! Wenigstens brauchen die riesigen Solarparks, an denen wir kurz darauf vorbeifahren, nicht so viel Wasser.

Auch in der Wüste blühen Mandelbäume.
Die Berge in der Sierra Nevada sind über 3000 Meter hoch umd schneebedeckt.

Unser nächster Halt ist Guadix, das für seine Höhlenwohnungen bekannt ist. Die Stadt liegt auf einer Hochebene zwischen markanten, von Erosion gekennzeichneten Lössbergen. In diese Berge wurden Höhlenwohnungen hineingegraben, und zwar ein ganzes Viertel. Insgesamt soll es 4000 Höhlenwohnungen, bzw. -häuser geben, in denen heute noch etwa 10000 Menschen wohnen. Die Höhlenhäuser sind leicht zu erkennen an den weißen Kaminen, die praktisch aus dem Berg herauswachsen.

Einer der Bewohner hat sein Haus für Besucher geöffnet. Es ist sein Elternhaus, und er lebt bereits sein ganzes Leben darin. Die Temperatur im Haus liegt übrigens ganzjährig bei 20 Grad. 

Auch die spätgotisch-barocke Kathedrale von Guadix ist sehenswert. Wegen der fast dreihundert Jahre dauernden Bauzeit vom 16. bis Mitte des 18. Jahrhunderts wechselten die Baustile.

Fassade der Kathedrale von Guadix.
Prächtig geschnitztes und vergoldetes Chorgestühl.

Der Chor liegt in der Mitte der Kirche und ist mit prächtigen barocken Holzschnitzereien geschmückt. Eine Replik der Pietá von Michelangelo in einer Nebenkapelle wird durch eine Lightshow in Szene gesetzt. 

Nach der Stippvisite fahren wir weiter auf einen Stellplatz in Casares. Dieses weiße andalusische Dorf thront spektakulär auf einem Felsen im Hinterland der Costa del Sol. Bevor wir den Stellplatz erreichen, machen wir einen unfreiwilligen Abstecher in das Dorf, inklusive einem waghalsigen Wendemaneuver zwischen gut besuchten Straßencafés und diversen Autos. Wie sich später herausstellt, sind wir gleich beider Ortseinfahrt am Stellplatz vorbeigefahren. Das ganze Manöver war also ebenso nervenaufreibend wie unnötig.

Der Stellplatz in Casares ist ebenfalls auf einem Hügel und bietet eine spektakuläre Aussicht auf das Dorf und auf die Umgebung. Über uns kreisen Gänsegeier. Und einen Sonnenuntergang gibt es auch.

Casares im Abendlicht.

Freitag, 2.2.

Unser Versuch, heute schon auf den Campingplatz nach Tarifa zu fahren, scheitert nach einem Telefonanruf. Wenn wir nicht schon vorher reserviert hätten, kämen wir dort gar nicht unter. So bleiben wir noch einen Tag auf dem Stellplatz in Casares, genießen die Aussicht, die Sonne, die kreisenden Geier und machen Online-banking. Wir haben übrigens einen Router dabei, mit dem wir perfektes Internet herstellen können (mit einer spanischen SIM-Karte).  

Es gibt hier einen etwa zweistündigen Rundweg. Der Weg ist perfekt ausgeschildert – außer im Dorf, wo man sich zwangsweise verläuft und dabei den gesamten Ort erkundet. Casares ist ein typisch weißes andalusisches Dorf, in dem sich nacheinander die Phönizier, Römer, Mauren und schließlich Katholiken getummelt haben. Es ist Geburtsort des Politikers Gil Blas Infante, der als Vater des andalusischen Nationalismus gilt und den Status Andalusiens als Autonome Provinz begründet hat.

Von jeder Gasse aus gibt es schöne Ausblicke in die Umgebung.
Die (ursprünglich maurische) Festung von Casares thront auf einem Felsen.

Der Sonnenuntergang heute Abend ist nochmal schöner!

Ist das ein Adler? Oder doch ein UFO?

Freitag, 2.2

(Claus schreibt): Nach 10 Tagen unterwegs nun das erste Mal, dass wir für 2 Tage/Nächte auf einem Platz bleiben). Dies aber auch nicht ganz freiwillig. Wir sind gestern bis zu einem Stellplatz gefahren, von dem es noch ca. 100 KM zu unserem Ziel Tarifa sind. Der Stellplatz ist sehr nett (ein toller Blick – allerdings keine Infrastruktur).

Blick von unserem Stellplatz aus.

In Tarifa sind wir für den 3.2. angemeldet. Also haben wir heute kurz angerufen, ob wir einen Tag früher kommen können? Nein! Alles voll. So haben wir uns entschlossen hier noch einen weiteren Tag zu bleiben, da wir genug Proviant und Wasser haben. Warum einen neuen Platz suchen, wenn dieser doch sehr nett ist.
Wir haben bislang noch nicht die Fahrräder vom Fahrradträger genommen oder die Stühle und den Tisch ausgepackt (dafür müssen die Räder weg). Die Gelegenheit ergab sich bislang noch nicht, da wir jeden Tag gefahren sind. Auf den letzten Reisen waren wir zwischendurch immer mal 2-3 Nächte auf einem Platz – sodass man sich auch „installieren“ konnte und wollte. Durch die lange und mühsame Fahrt durch Frankreich (aufgrund der Bauernproteste, bzw. der Vollsperrung der Autobahnen und dem erheblichen Verkehrsaufkommen auf den Landstraßen)) fuhren wir ja eine Strecke, die so gar nicht geplant war und wir fuhren wesentlich länger und auch weiter, als wir ursprünglich wollten.

Gut, dass wir unseren Plan ja anpassen können. Allmählich wollen wir jedoch mal „ankommen“. Freuen uns nun auf Tarifa (morgen) und hoffen, dass wir dort einen schönen Stellplatz bekommen. Wir sind gespannt, ob dies möglich ist, wenn alles sooo voll ist.

Hier noch ein paar Stellplatz-Impressionen der letzten Tage. Alles war dabei, von riesigen Parkplätzen, über schmale Plätze – aber mit Palmen -, Plätze direkt im Hafen (allerdings ohne Seesicht) und einen Platz mit sehr viel Fläche drumherum.

Parkplatz in Guadix.
Stellplatz bei Route 66 in Tabernas.
Campingplatz in Valencia.
Stellplatz am Hafen in Callafell, südlich von Barcelona.
Stellplatz nähe Figueres.

Freitag, 3.2.

Heute steht nur eine kurze Fahrt auf dem Programm. Wir starten bei viel Wind und trübem Himmel und sind etwa eine Stunde später in Tarifa bei noch mehr Wind und Sonne! Es ist verrückt, weil wir ja noch nicht so oft hier waren. Aber schon die Fahrt von Algeciras über die Hügelkette, der erste Blick auf die Straße von Gibraltar und auf Tarifa mit seinen weißen Häusern und dem Leuchtturm und schließlich auf die lange Bucht mit dem Sandstrand – das ist ein bisschen wie Nachhause-Kommen. Wir bunkern nochmal Lebensmittel und fahren schließlich auf „unseren“ Campingplatz Torre de la Peña. Dort kennt man uns schon und begrüßt uns herzlich. Die große Frage ist immer, welcher Platz uns zugewiesen wird; die Stellplätze sind ganz unterschiedlich, näher oder weiter zur Rezeption (und der Infrastruktur), mit mehr oder weniger Blick und mit mehr oder weniger Sonne bzw.  Schatten. Aussuchen kann man sich das leider nicht. Aber wir haben Glück und bekommen einen Platz mit gigantischem Blick und viel Sonne. Dass er etwa 50 steile Höhenmeter oberhalb der Rezeption liegt, ist kein Problem, wir haben ja E-Bikes.

Blick von unserem Stellplatz: hinten Tarifa, vorne rechts der Torre de la Peña, im Dunst die marokkanische Küste,

Wir installieren uns, waschen die erste Maschine Wäsche und trinken ein Bier im Sonnenuntergang in „unserer“ Chozo Bar. Und sind angekommen!

Entspannte Atmosphäre und die schönsten Sonnenuntergänge in der Chozo Bar.

Sonntag, 4.2. – Mittwoch, 7.2.

In den nächsten Tage zelebrieren wir diverse Fälle von „das erste Mal wieder“. Das erste Mal wieder am Strand spazieren gehen und zum Aussichtspunkt La Peña klettern. Das erste Mal wieder nach Tarifa fahren, ein bisschen shoppen und einen Kaffee im Ort trinken. Das erste Mal wieder in der Spanisch-Schule vorbeischauen und sich über die herzliche Begrüßung freuen. (Ich buche einen zweiwöchigen Kurs ab kommendem Montag)

Blick vom Aussichtspunkt La Peña auf Tarifa.

Übrigens blüht hier schon einiges, und Schmetterlinge sind auch schon unterwegs.

Mittwoch ist das erste Mal wieder ein typischer Tarifa-Tag mit weißlich gleißender Sonne, blauem Himmel und genau richtig viel Wind. Das heißt, genügend Wind, damit die Kite-und Wind-Surfer auf ihre Kosten kommen, aber eben nicht so viel Wind, dass das Laufen keinen Spaß mehr macht.

Das Licht könnte süchtig machen!

Der Tag endet mit einem ebenso typischen Tarifa- (oder Camping-?) Abend. Die meisten Mit-Camper begrüßt man nämlich nur oder hilft sich, wenn erforderlich, bleibt ansonsten aber für sich. Es gibt jedoch immer wieder Begegnungen, bei denen man sich sofort gegenseitig sympatisch ist. So eben am Mittwoch abend. Spontan laden wir unsere neuen Nachbarn Graham und Sarah aus England zu einem Glas Wein auf unseren Platz ein. Aus dem Glas werden vier Flaschen, die wir vor lauter Plaudern und Politisieren überhaupt nicht spüren. Jedenfalls nicht am Abend. Am nächsten Morgen schon…

Donnerstag, 8.2. 

Der bleierne Himmel und die trübe Sonne passen zu unserem ebenfalls leicht trüben Zustand. Weil gegen Kater nur frische Luft und Bewegung hilft, laufe ich (das erste Mal wieder) nach Tarifa, wo Claus mich mit dem Wohnmobil aufpickt.

Bleierner Himmel und das Meer wie Öl.

Dann folgt die übliche Ver- und Entsorgungstour: Einkaufen, eine neue spanische Gasflasche besorgen, Wasser ablassen und Frischwasser tanken. Leider bleibt das Wohnmobil mit der elektrischen Trittstufe an einem Stein hängen, die daraufhin nicht mehr funktioniert. Wir beschließen, dass wir die Stufe zuhause reparieren lassen und uns solange mit einem Klapptritt behelfen. Graham und Sarah leihen uns einen für die nächsten Tage, Problem erstmal gelöst. Dafür klappt das Anschließen der spanischen Gasflasche mit unserem Adapter (Ihr erinnert Euch an das Galama vom vergangenen Jahr) auf Anhieb.

Wir räumen alles weg, was wegfliegen kann, und sichern unsere Fahrräder. Für die Nacht und für morgen sind Sturm und Regen angesagt. 

Freitag, 9.2.

(Claus schreibt:) Die Nacht war stürmisch. Allerdings regnete es weniger als erwartet…der Regen beginnt erst jetzt (11:00) richtig. Die nächsten Tage bleiben, laut Prognosen, ähnlich.

Wir machen es uns im Auto gemütlich. Heute werden wir es wohl kaum verlassen können. Wie schön, haben wir unser eigenes WLAN und unsere iPads. Heute ist „Car Office“ angesagt.
Wie alle auf dem Campingplatz werden wir lesen, Musik hören und eventuell TV schauen. Mehr ist auf dem kleinen Raum kaum möglich. Jeannine bereitet sich auf ihren Spanischkurs am Montag vor.

Das Meer sieht heute anders aus (aufgepeitscht durch den Westwind, der vom Atlantik kommt). Selbst aus mehreren hundert Metern Entfernung kann man ahnen, wie hoch die Wellen sind.

Vielleicht noch ein paar allgemeine Anmerkungen:
Wie bereits auf der Anfahrt nach Tarifa mehrfach gehört (und dann selbst erfahren), sind viele der geöffneten Campingplätze vollständig belegt. Verschiedene Leute, die wir trafen, sind bereits seit Dezember unterwegs und planen, erst im April oder Mai wieder heimzufahren. Bedeutet bei vielen also, dass sie ca. ein halbes Jahr campen, um dem Winter daheim zu entfliehen. Dies wird sich vermutlich so schnell nicht ändern, da die „Baby-Boomer“ in den kommenden Jahren in Rente gehen und Zeit (und Geld) haben werden, um länger zu verreisen. Somit ist zu vermuten, dass der Camping-Boom noch eine ganze Weile andauern wird.
Schön für die Campingplatz-Besitzer, schlecht für das spontane Reisen. Mit einem Wohnmobil bleiben einem ja noch die Stellplätze, mit einem Wohnwagen ist man ziemlich eingeschränkt bezüglich der Übernachtungsmöglichkeiten.

Eine Camper-Weisheit: Was sich mit WD40, Panzertape und einem Leatherman-Multitool nicht reparieren lässt, lässt sich NICHT reparieren! Auch nützlich: ein Gummi-Hammer. Mit diesem habe ich gestern unsere Trittstufe zurecht geklopft. Immerhin öffnet sie sich nun wieder zu gut 70%. Besser als gar nicht!
Die Lampen und Halterungen unseres Fahrradträgers haben wir mit Panzertape geflickt – ja, irgendwas ist immer.

Samstag, 10.2.

In der Nacht auf Samstag war nicht so windig wie prognostiziert. Dafür hat es ordentlich geregnet. Nun, gegen 13:00, ist es allerdings sonnig und trocken – und die Pfützen auf dem Platz verschwinden langsam. Jeannine versucht, auf dem Campingplatz Mehl zu organisieren – für (m)einen Geburtstagskuchen!

Wir treffen uns zum gemeinsamen Abendessen mit Graham und Sarah und wollen definitiv nicht wieder so viel trinken wie beim letzten Mal. Aber wie es so geht. Sarahs Curry ist sehr lecker – und der Rotwein auch (wieder).

Ergebnis des total netten Essens mit Graham und Sarah aus England.

Sonntag, 11.2.

Geburtstag: Geschenke, tolles Frühstück und selbst gebackener Kuchen!!

Ein toller Start ins neue (Lebens-)Jahr – auch wenn es draußen leider schüttet und stark windet 🙁 Egal, wir machen es uns gemütlich.

Gegen 16:00 wird es noch gemütlicher: Kein „Landstrom“ (wir sind am Strom des Campingplatzes angeschlossen, weil keine Sonne scheint). Komisch, eben ging noch alles. Regenjacke an, Sicherungen und Kabel kontrolliert…sieht eigentlich ganz gut aus. War es vielleicht unser Wasserkocher? Hmm, aber da im Auto alles funktioniert, kann es der eigentlich nicht sein?!
Jeannine geht zur Rezeption und meldet unseren Stromausfall. Wir sind nicht die einzigen! Der ganze Platz ist ohne Strom. Nun denn, der Wasserkocher war es definitiv nicht 🙂

Irgendwas ist immer :-))

Montag, 12.2.

Gestern Nacht: Superbowl (No. 58), das Endspiel der National Football League! Die letzten 28 Jahre habe ich 27 Superbowls im TV miterlebt. Meist sogar live – was bedeutet: Um kurz vor 0:00 (immer Sonntags) geht es los und gegen 4:30 kann man ins Bett. Der nächste Tag: Ausschlafen und Frei!
Diesmal entschied ich mich dafür den SB aufzunehmen und erst heute morgen, nach dem Frühstück, zu schauen. Eine gute Entscheidung, da es erst das 2. Mal passierte, dass das Spiel in die Verlängerung ging. Verlängerung!! Nach ca. 4 Stunden, nochmals… danach noch Siegerehrung, Interviews, usw. Ein langer Fernsehmorgen. Jeannine kam schon bald wieder von ihrem Spanischkurs, als ich mit dem Spiel fertig war.
Trotzdem, es hat sich gelohnt – ein wahnsinnig spannendes und knappes Spiel!
Gewonnen haben, in letzter Sekunde, die Kansas City Chiefs gegen die San Francisco 49er, mit 25:22.

Montag, 14.2. bis Samstag, 17.2. (Jeannine)

Voller Vorfreude schwinge ich mich am Montag morgen auf mein E-Bike, um zum Spanischkurs nach Tarifa zu fahren. In den Tagen davor habe ich noch fleißig die alten Lektionen wiederholt, um möglichst gut im neuen Kurs mitzukommen. Soviel Eifer wäre nicht nötig gewesen.

Meine Klasse besteht aus vier Schülern, mich inklusive. Axel und Thomas, zwei 16jährige Zwillingsbrüder aus Innsbruck, sind mit ihren Eltern nach Tarifa gezogen, um eine Profikarriere im Wing-Surfen zu beginnen. Sie nehmen bereits an Weltmeisterschaften teil und werden von einem Sportartikelhersteller gesponsort. Außerdem Rebecca, eine 23jährige Biologiestudentin aus Freiburg, die ihre Semesterferien für einen Spanischkurs nutzt. Unsere Lehrerin ist Cindy, eine Chilenin, die der Liebe wegen nach Tarifa gezogen ist. 

Alle sind sehr sympathisch. Leider stellt sich der Unterricht bereits nach kurzer Zeit als gähnend langweilig heraus. Cindy wiederholt alles mehrfach, spricht selbst unablässig, so dass wir praktisch nicht zu Wort kommen und nicht üben können, und lässt alle jede Aufgabe einzeln laut vorlesen. Überhaupt findet sie Vorlesen ganz toll. So müssen wir Verbkonjugationen laut vorlesen. Gemeinsam, also im Chor. Ich glaube, das musste ich das letzte Mal in der Grundschule machen. 

Wie immer gibt es zwei Pausen während des Unterrichts, eine viertelstündige („mini pausa“) und eine halbstündige. In einem anderen Kurs hat sich eine sehr nette Truppe aus zwei Engländerinnen und einem jungen Deutschen zusammengefunden, die die große Pause im Café an der nächsten Ecke verbringt. Rebecca und ich schließen und an, und freuen uns über cafe con leche und „tostades con tomate“, durchgeschnittenes und getoastetes Brötchen, auf das Olivenöl und Tomatensaft mit Stückchen geträufelt wird. 

Mittwoch Nachmittag haben wir eine Vertretung, und die zwei Stunden mit ihr sind interessanter und lehrreicher als die zweieinhalb Tage davor mit Cindy. Selbst die Zwillingsbrüder erwachen aus ihrem Koma, in dem sie bisher mehr oder weniger verharrt waren.

Rebecca und ich haben bereits in der Pause beschlossen, mit dem Schulleiter Gaspar zu sprechen und ihn zu bitten, in eine andere Klasse wechseln zu dürfen. Gaspar ist sehr entgegenkommend (vielleicht sind wir ja nicht die ersten, die Probleme mit Cindys pädagogischem Ansatz haben). Allerdings gibt es derzeit keine andere Klasse in der gleichen Stufe, so dass wir ein oder zwei Wochen warten müssen. 

Rebecca wollte sowieso noch nach Marokko, und für mich ist die Unterbrechung auch kein Problem. Ich lerne derweil selbst mit den Büchern. Wenn ich laut lese, dann zumindest ganz allein.

Freitag, 23.2.

(Claus:) Seit knapp einer Woche keine Einträge, weil es eigentlich nichts besonders gab. Wir sind immer noch auf „unserem“ Campingplatz und fahren nur einmal die Woche mit dem Auto in die Stadt, um einzukaufen und Frischwasser zu tanken und Grauwasser abzulassen. Die restliche Zeit stehen wir auf dem Platz und genießen die Ruhe, schauen aufs Meer und sind einfach nur „faul“.

Der Tagesablauf ist ungefähr so:
– Aufstehen (ohne Wecker, da Jeannine keine Schule hat) gegen 9:30
– Frühstück ca. 10:30 bis 11:00 (meistens draußen)
– Spülen gehen (um unser Frischwasser aufzusparen), im Auto aufräumen, Klamotten versorgen und staubsaugen, bis ca. 12:00
– draußen sitzen, Zeitung lesen und Kaffee trinken und schon ist es 13:30
– kurzes Mittagessen gegen 14:00
– dann wiederholt sich der Punkt „Zeitung lesen und Kaffee trinken“ und/oder Jeannine lernt mit ihren Büchern die nächsten Spanisch-Lektionen
– wenn möglich und nötig, kleiner Mittagsschlaf um 15:30
– dann wieder Lesen oder (Jeannine) Spaziergang machen
– und schon ist es 17:00. Zeit ans Abendessen zu denken. Jeannine kocht dann meist gegen 18:00/18:30, sodass wir dann gegen 19:00 (manchmal noch draußen) essen können.
Danach (auswärts spülen), aufräumen/einräumen.
– 20:30, Zeit ans Bett zu denken.
– Schlafen, so gegen 21:30. Wir sind dann müde und kuscheln uns in unsere Koje.

Immerhin sind wir ja schon 12 Stunden wach und haben soooo viel unternommen.

Am nächsten Tag wiederholen wir das Programm, weil es sich bewährt hat :-))

P.S.: Wir sind nun 1 Monat unterwegs.

Freitag, 23.2. bis Sonntag, 25.2.

Am Wochenende ist „Carnaval“ in Tarifa. Schon in den Tagen davor wird die Innenstadt dekoriert und vor der Kirche eine Bühne aufgebaut. Aus Neugierde fahre ich Samstag Nachmittag in die Stadt, um mir das anzusehen. Na ja, es ist nicht das Gleiche wie in Konstanz – oder gar in Köln. Die Deko ist ein bisschen mager, und das närrische Treiben beschränkt sich auf die „Hauptstraße“ in der Altstadt. Aber die Stimmung ist fröhlich und entspannt. Es sind viele Familien und Freundesgruppen unterwegs, und die diversen Outdoorbars, die aufgebaut sind, lassen darauf schließen, dass es abends richtig zur Sache geht. 

Kreative Fastnachtsdeko in der Innenstadt von Tarifa.
Nicht alle sind verkleidet – aber manche schon!

Habe ich schon erwähnt, dass ich jeden Tag einen langen Strandspaziergang mache? Das wird einfach nicht langweilig! Jeder Tag ist anders, das Licht, der Wind, die Wellen, die Surfer. Manchmal bin ich schon kurz nach Sonnenaufgang unterwegs, der hier jedoch gnädigerweise erst kurz vor 8 Uhr ist.

Meer, Wind und Wellen sind jeden Tag anders. Und das Licht!

Montag, 26.2.

Ich bin wieder in der Schule! Die neue Lehrerin stammt aus Madrid und hat den beeindruckenden Namen Maria Salvadora, nennt sich aber Dory. Neben Rebecca, die erschöpft aber beseelt von ihrem Kurztrip nach Marokko zurückgekehrt ist, und den beiden Wing-surfenden Zwillingsbrüdern ist noch Nikki aus Schottland in der Klasse. Die Zwillinge sind auch bei Dory nur mäßig motiviert, aber der Unterricht ist immerhin etwas spannender. 

Weil für Montag Sturm und heftiger Regen angesagt sind, fahre ich morgens schon früher los und habe alles dabei inklusive Regenhose und Überschuhe. Ich erreiche Tarifa noch vor dem Regen und überbrücke die Zeit im Café an der nächsten Ecke.

Das ist ein typisches spanisches Frühstück: Café con leche und tostades con tomate. Lecker!

Als ich aus dem Café komme, regnet es leicht, denke ich, und für die 100 Meter bis zur Schule rentiert sich die Regenhose nicht. Denke ich. Aber als ich um die Ecke biege, erwischt mich der Regen doch, und zwar waagrecht. Auf den paar Metern werde ich klatschnass. In der Satteltasche konnte die Regenhose ihre Wirkung leider nicht entfalten.

—-

Italien Mai 2022

Sonntag 1.5.

Dass wir unser Reiseziel kurzfristig ändern, gehört ja inzwischen dazu. Eigentlich war eine weitere Etappe Jakobsweg geplant, mit Claus im Begleitfahrzeug. Aber die Wetterprognose für die Schweiz war nicht so prickelnd. Beim Wandern ist das kein Problem, beim gemütlichen Begleit-Campen schon. Also schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir fahren statt dessen nochmal nach Ligurien, wo wir ja vier Wochen zuvor wegen Kälte abgebrochen hatten. Und wir beschließen, dass ich den Jakobsweg in unserem Juniurlaub laufe, und dann auch gleich den ganzen Weg bis Genf. 

Also starten wir am Sonntag pünktlich zu unserer üblichen Zeit um 12 Uhr. Es dauert wieder ewig, bis wir fertig sind, nicht zuletzt, weil ich noch einen Blitzcurry aus einer fast „abgelaufenen“ Hähnchenbrust zubereiten muss. Wie beim letzten Mal nehmen wir für den Hinweg die Route über den Gotthard – was uns aber einen Stau bei Zürich beschert. Abgesehen davon kommen wir mit mehreren Pausen gut durch und sind gegen 19 Uhr auf dem Campingplatz bei Genua, den wir sicherheitshalber reserviert hatten. Letzteres erweist sich übrigens als unumgänglich auf dieser Tour. Die Campingplätze sind alle voll, bei einem werden wir sogar abgewiesen, und dabei ist es erst Anfang Mai. Aber offensichtlich gibt es einen Nachholbedarf nach den beiden Corona-Jahren, es gibt vielleicht insgesamt mehr Camper, und nicht zuletzt ist die Ligurische Küste auch kein Geheimtipp. 

Fast alle Plätze belegt: Camping Villa Doria bei Genua.
Wie idyllisch der Campingplatz liegt, sieht man am besten von oben.
Kleines oranges Highlight, gezogen von einem orangen VW-Bus.

Wir beginnen mit einem Apéro auf der Campingterrasse und ziehen uns dann ins Wohnmobil zum Essen zurück. Der Blitzcurry kommt zum Einsatz, Reis ist schnell gekocht. 

Montag, 2.5.,

Wir schlafen aus und beginnen den Tag ganz gemütlich. Ich habe Lust zu laufen und beschließe, nur eine Wanderung zu unternehmen und gar nicht nach Genua zu fahren. Die Wanderwege beginnen direkt hinter dem Campingplatz und führen steil bergauf ins Hinterland. Sofort ist man in einer anderen Welt und blickt aus Pinienwäldern auf die dicht besiedelte Küste. Der Zustand des Waldes ist erschreckend. Es ist alles viel zu trocken, einige Bäume sind schon abgestorben. Die Waldbrandgefahr ist geradezu sichtbar, und man mag sich gar nicht ausmalen, wie es hier im Sommer aussieht. Es duftet unbeschreiblich – nach den Pinien, und stellenweise nach Jasmin und Ginster. 

Blick auf Genua und den Hafen.
Alles trocken! Waldbrandgefahr!

Nach fast vier Stunden bergauf und bergab (entweder oder, dazwischen gibt es hier nichts), bin ich genügend ausgepowert. Nach einer Dusche und einem Campingterrassen-Apero gibt es Resteessen, und wir fallen früh ins Bett.

Dienstag, 3.5.

Wir frühstücken Kaffee und italienische Hörnchen und fahren auf der Via Aurelia nach Bogliasco, nur knapp 30 km weiter östlich. Die Via Aurelia führt aufgeständert mitten durch Genua, rechts Hafen, links Stadt. Die Häuserzeilen stehen gefühlt in Griffweite an der Schnellstraße. Wohnen mag man da nicht, aber es ist wirklich eindrücklich. Ein Kreuzfahrtschiff liegt im Hafen und sieht auch aus wie eine Häuserzeile.

Die aufgeständerte Via Aurelia führt durch Genua direkt an Häusern vorbei.
Kreuzfahrtschiff im Hafen von Genua.

Nach Genua schlängelt sich die Straße durch ehemalige Fischerdörfchen dem Meer entlang. Es ist unglaublich viel Verkehr (unter der Woche, im Mai), und man mag sich nicht vorstellen, was hier im Sommer los ist. Die Straße ist relativ eng und praktisch die ganze Strecke über beidseitig zugeparkt. Gerne auch in zweiter Reihe. Wir sind uns nicht einig, ob das nun alles schon Touristen sind oder Einheimische, die in den Dörfern selbst keine Parkmöglichkeit haben. Jedenfalls ist es anstrengend zu fahren, und wir brauchen 1 1/2 Stunden für die 30 km. Beim nächsten Mal nehmen wir wieder die Autobahn.

Der Campingplatz in Bogliasco ist auf einem Hügel über dem Dorf, mitten im Wald, mit Blick aufs Meer (leider nicht von unserem Platz aus).

Kurz vor dem Campingplatz ein Friedhof.
Noch gibt es einige wenige leere Plätze…Abends nicht mehr.

Es ist ziemlich voll, und wir kümmern uns sicherheitshalber gleich um die Reservierung des nächsten Campingplatzes. Ich laufe ins Dorf und zum Meer hinunter. Das bedeutet eine Viertelstunde Treppensteigen nach unten (zurück dauert es etwas länger). Der Ort und die Küste hier sind ganz reizend. Die typisch bunten ligurischen Häuser kontrastieren reizvoll mit den dunklen Klippen der Küste und dem hellblauen Meer.

Fischerhafen von Bogliasco.

In den kleinen Buchten wagen sich die ersten schon ins Wasser. Auf dem Weg durchs Dorf wieder intensive Duftschwaden von Jasmin. Mit einem marokkanischen Gemüsehändler, bei dem ich ein bisschen einkaufe, kann ich wenigstens plaudern. 

Abends gehen wir im Campingrestaurant Pizza essen und können fast bis zum Schluß in der Abendsonne sitzen. Sobald die weg ist, wird es gleich sehr kühl. Aber egal, wir haben so langsam wieder unseren Camping-Schlafrhythmus erreicht und liegen kurz vor 22 Uhr im Bett. 

Mittwoch, 4.5.

Heute ist eine halbtägige Wanderung geplant. Übrigens bewährt sich dabei die App von konmoot, die auch in den entlegensten Gegenden schöne Touren anbietet. Durch die gps-Ortung weiß man dankenswerterweise immer – na ja, meistens – wo man ist. Nach unserem Vormittagsprogramm starte ich erst gegen 13:30. Höhepunkt der Rundwanderung ist eine Kapelle auf 520 m Höhe. Die erste Stunde geht es also ziemlich steil bergauf, zunächst auf Treppen, dann auf Wanderwegen. Auf dem letzten Stück sind die Stationen eines Kreuzwegs aufgestellt, es handelt sich also um eine kleine Wallfahrtskapelle. Oben treffe ich zwei italienische Damen, die ganz begeistert davon sind, dass hier heute ausnahmsweise nichts los ist. Offensichtlich ist die Kapelle ein beliebtes Ausflugsziel. Rundherum sind mehrere Tische und Bänke aufgestellt für ein Vesper bei grandiosem Blick über die Küste.

Blick auf Bogliasco die Küste entlang Richtung Genua.
Wallfahrtskirche oberhalb von Bogliasco.
Bergab durch Pinienwälder.

Zurück führt der Weg erst durch Pinienwald und dann über die schon bekannten Treppen und Gässchen durch Villenviertel mit wunderbaren Gärten zurück ins Dorf und von dort wieder zurück zum Campingplatz. Echt schön war das, und dazu noch ein bisschen sportlich (10 km, 500 Höhenmeter).

Kleine Gässchen führen durch die Villenviertel von Bogliasco,

Wir essen abends wieder im Campingrestaurant auf der Sonnenterrasse. Heute kocht der Chef, und es gibt neben der Pizza für Claus eine gegrillte Dorade für mich. Besser geht einfach nicht.

Für Unterhaltung sorgen diverse Familien, bei denen die Kinder bespaßt werden müssen oder sich selbst bespaßen. Ein Mädchen am Nebentisch bekommt eine Pizza mit Pommes serviert. Claus ist hellauf begeistert und weiß schon, was er hier das nächste Mal bestellt.

Donnerstag, 5.5.

Wir fahren rund 50 km die Küste entlang weiter Richtung Cinque Terre, diesmal aber wohlweislich auf der Autobahn. Wir sind wieder beeindruckt davon, wie aufwändig die Autobahn hier gebaut und unterhalten werden muss. Brücken und Tunnel wechseln sich ab, es gibt fast kein normales Stück Straße dazwischen. In einem Dorf namens Deiva Marina haben wir für die nächsten Tage einen Campingplatz gebucht. Unterwegs beginnt es zu tröpfeln und regnet richtig, als wir auf dem Camping ankommen. Aber es ist nett hier, es gibt einen Supermarkt direkt vor dem Platz und einen kostenlosen Shuttlebus ins Dorf.

Nachdem wir in dem kleinen Supermarkt eingekauft haben, vespern wir erst mal – im Regen unter unserer Markise. Die Gemütlichkeit könnte noch gesteigert werden, aber man hält es aus. Danach laufe ich die rund 3 km ins Städtchen, das auch Anfang Mai noch im Winterschlaf liegt.

Noch ziemlich leer: Strandpromenade von Deiva Marina.
Dorfzentrum vio Deiva Marina.

Auf dem Rückweg versuche ich, die Straße zu vermeiden und wandere auf einem Pfad durch Gras und Schilf, der insgesamt dreimal einen Bach quert. Mit meiner Trittsicherheit ist es dann doch nicht so weit her, und ich trete prompt ins Wasser. Ich komme oben bügelfeucht und unten Naß wieder „zuhause“ an. Kein Problem, es gibt ja Wechselwäsche. Ein geöffnetes Restaurant habe ich im Dorf nicht gefunden, und so wird heute Abend gekocht.

Freitag, 6.5.

Es regnet die ganze Nacht und am nächsten Vormittag. Weil wir deswegen nichts verpassen, schlafen wir aus. Es regnet unvermindert weiter und wird erst am Nachmittag etwas weniger. 

Weil alles nass und glitschig ist, drehe ich heute nur eine kleine Runde. Aber auch kleine Runden können abenteuerlich werden. Mitten im Wald rennen plötzlich zwei dunkle Schweine über den Weg. Ich bin so überrascht, dass ich zunächst einfach weiterlaufe. Kurz darauf laufen drei gestreifte Ferkel in die entgegengesetzte Richtung. Da wird auch mir Zoologin klar, dass das Wildschweine sein müssen. Mit Frischlingen! Also eine Kombi, mit der nicht zu spaßen ist. Ich wende sofort mein Allheilmittel aus Spanien an, fange lauthals an zu singen und laufe weiter. Keine Ahnung, ob das wirklich die richtige Methode ist, jedenfalls bleibe ich unbehelligt!

Mitten im Wald steht dieses interessante Renditeobjekt, wahrscheinlich günstig abzugeben.

Samstag, 7.5.

Die Tour von heute, Ziurückgeht es mit dem Schiff.

Ich starte früh, weil für die geplante Tour heute 5 Stunden reine Wanderzeit veranschlagt sind. Um 8 Uhr fahre ich mit dem Camping-Shuttle nach Deiva Marina und eine halbe Stunde später mit dem Zug nach Riomaggiore, dem letzten der fünf Dörfer der Cinque Terre. Die Zugverbindung ist super und viel schneller als das Auto. Viel sehen kann man aber leider nicht, weil der Zug buchstäblich mehr im Tunnel fährt als außerhalb. Von dort führt ein Wanderweg über eine Landzunge nach Portovenere. Nach zwei Cappuccini als Starthilfe mache ich mich auf den Weg, der zunächst über 400 Höhenmeter ziemlich steil nach oben zu einer Kapelle führt.

Die erste Etappe geschafft: Blick von Höhe der Kapelle auf Riomaggiore und die Küste der Cinnque Terre.

Es ist Samstag und nach zwei Regentagen erstmals wieder schönes Wetter. Kein Wunder, dass ich auf diesem beliebten Weg nicht allein bin. Es ist eine ungewohnte Erfahrung, vor oder hinter mir Wandergruppen zu haben, die unablässig italienisch, englisch oder schweizerdeutsch schnattern. Die erste Italienergruppe lasse ich hinter mir, indem ich einfach ohne Pausen weiterwandere. Auf etwa der Hälfte der Strecke gibt es ein kleines Dorf mit mehreren Rastplätzen und Restaurants. Alle machen dort eine längere Pause. Ich begnüge mich mit einem doppelten Espresso und ziehe weiter. Allein und ohne Geräuschkulisse.

Terrassen mit Weinanbau. Für den Transport gibt es immerhin eine kleine Zahnradbahn.

Der Weg bietet so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Im ersten Teil läuft man ,durch kunstvoll terrassierte Felder mit Olivenbäumen und Wein. Dann erreicht man eine Krete und läuft im Wald auf breiten Forstwegen. Eigentlich beginnt danach der Abstieg, aber so einfach ist es nicht. Es folgt ein Stück entlang einer Steilküste, zwar durchaus mit Büschen und Bäumen, aber streckenweise eben auch über Felsen und Geröll und vor allem mit direktem Blick auf das mehrere hundert Meter darunter liegende türkisblaue Meer. Habe ich schon erwähnt, dass ich sowas überhaupt nicht vertrage? Ich packe die Stöcke in den Rucksack und krabbele sehr unwürdig über die Felsen in der Hoffnung, dass der Spuk bald ein Ende hat. In der Beschreibung der Tour (diesmal nicht auf konmoot, sondern auf AllTrails) schreibt ein User, er sei die Strecke problemlos auch bei Regen gelaufen. Echt jetzt? Ich bin froh, als der Weg sich wieder etwas normalisiert, bzw. als ich endlich meinen Tunnelblick weg vom Abgrund richten kann.

Blick auf das Ende der Landzunge von Portovenere.
Portovenere mit Chiesa San Pietro.

Als das Adrenalin langsam nachlässt, gibt es grandiose Ausblicke entlang der Küste auf die Spitze der Landzunge und die davorgelegene kleine Insel. Auf offenem Meer liegt ein Kreuzfahrtschiff, das offensichtlich auf die Einfahrt nach La Spezia wartet. La Spezia liegt auf der anderen Seite der Landzunge und ist irgendwann auch zu sehen. Die letzten zwei Stunden geht es steil bergab, zum Schluss entlang der Festung von Portovenere über Treppen. Und plötzlich steht man inmitten einer Touristenmenge im Dörfchen Portovenere. Der Geräuschpegel steigt rapide an. Das Dorf liegt extrem malerisch an einer Merenge und gruppiert sich um einen Hafen. Von dort legen Ausflugsschiffe in alle Richtungen ab. Ich besteige eines, das mich der Küste entlang zurück nach Riomaggiore bringt, um dort wieder den Zug nach Deiva Marina zu nehmen. Die Fahrt auf dem Schiff ist ein besonderes Vergnügen, weil man voller Stolz sehen kann, welche Strecke man gelaufen ist. Außerdem sieht man die Küste und die Dörfer vom Meer aus am allerbesten. 

An der Küste hat das Wasser Höhlen aus dem Fels gewaschen.
Riomaggiore vom Wasser aus. Unten läuft übrigens die Bahnlinie, ziemlich weit oben die Straße.
Von Nahem zeigt sich der Ort in seiner ganze Schönheit.

In Riomaggiore ist derweil die Hölle los. Der pittoreske Ort quillt über von Touristen, die sich durch die engen Gässchen und über die Treppen quetschen. Obwohl ich noch etwas Zeit hätte bis zur Abfahrt des Zuges, verzichte ich dankend auf eine weitere Besichtigung des Dorfes. Ziemlich genau zehn Stunden nach Abfahrt bin ich wieder auf unserem Campingplatz. Müde, aber auch ein bisschen stolz.

Sonntag, 8.5.

Es ist Muttertag😊 Nach einem Gratulationstelefoant mit Marlies starten wir gegen 11 Uhr auf die Heimfahrt. Es bewährt sich wieder, dass ihr an einem Sonntag fahren, alles läuft ganz easy und entspannt, und wir haben keinen einzigen Stau. Diesmal fahren wir aber auch durch den Bernardino. 

Wir diskutieren diese wunderbare Woche in Ligurien. Obwohl es extrem schön (und für mich ein perfekter Wanderurlaub) war, stellen wir aber doch fest, dass wir uns in Frankreich und Spanien wohler fühlen. Italien ist für unseren Geschmack einfach ein bisschen zu voll. Die Städte und Dörfer sind wunderschön, aber eng und selbst Anfang Mai schon recht überlaufen. Das Hinterland ist natürlich ruhiger – und ebenfalls wunderschön – aber hier gibt es viel viel weniger Campingplätze als z.B. in Frankreich. Und die Plätze selbst sind auch nicht so wahnsinnig toll, ehrlich gesagt sind es eher Stell- als Campingplätze. Da sind wir durch unsere Frankreichurlaibe schon ziemlich verwöhnt. Worin allerdings Italien definitiv alle anderen Länder toppt, ist beim Essen! Das wiederum ist einfach nur grandios.

Gegen 18 Uhr sind wir wieder zuhause und freuen uns auf unseren schönen Garten.

.

.